Grundsteuer vs. Bodenwertsteuer

15. November 2018

Am 10.April 2018 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Vorschriften für die Bemessung der Grundsteuer für verfassungswidrig. Begründet wurde das Urteil damit, dass das Festhalten des Gesetzgebers an dem Hauptfeststellungszeitpunkt von 1964 zu umfassenden Ungleichbehandlungen bei der Bewertung von Grundvermögen führt. Nach dem Bewertungsgesetz muss das Grundvermögen nach dem Grundsatz der Einheitsbewertung taxiert werden. Dies ist aber nicht mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz vereinbar. Also ist diese Bewertung den heutigen Verhältnissen anzupassen; denn gerade in den Metropolen sind die Grundstückspreise förmlich explodiert. Eine Reform der Grundsteuer ist nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes unausweichlich.

Eine Umgestaltung des bestehenden Grundsteuergesetzes stellt den Gesetzgeber aber vor fast unlösbaren Problemen, da in Deutschland der Boden- und der Gebäudewert zusammenaddiert werden. Das hat zur Folge, dass über 40 Mio. Gebäude neu bewertet werden müssen, eine kaum lösbare Aufgabe. Die Bodenrichtwerte lassen sich wesentlich einfacher erfassen, da die Katasterämter und die Ämter für Vermessung über entsprechende Karten und Register verfügen. Viele Städte haben mittlerweile eine Abteilung Geoinformationsservice eingerichtet. Hier werden raumbezogene Informationen in Form von Karten, Plänen und in Auskunftssystemen, 3 D Modellen und Internetanwendungen angeboten.

Da eine Reform des Grundsteuergesetzes aussichtslos erscheint, ist es Zeit, neu über diese Steuer nachzudenken. Ein Ausweg bietet die sogenannte Bodenwertsteuer, die ausschließlich den Boden und nicht das Gebäude besteuert. Es ist also steuerlich belanglos, ob der Boden bebaut ist oder nicht. Das führt dazu, dass die Bodenspekulationen zurückgehen werden. Da der reine Bodenwert besteuert wird, sind Spekulanten „gezwungen“ den Boden zügig zu bebauen und nicht zu warten, bis der Bodenpreis steigt. Das Spekulationsobjekt würde sonst nur Kosten in Form von Steuern verursachen und keine Einnahmen generieren. Also ist es sinnvoll, die Bebauung voranzutreiben. Durch das erweiterte Wohnungsangebot sinken dann auch die Mitpreise.

Unsere Nachbarn zeigen, dass Wohnungsbaupolitik nicht grundsätzlich zum Scheitern verurteilt ist. Sowohl die freien Grundstücksmärkte als auch die Spekulationen lassen sich leicht begrenzen. Ein schönes Beispiel ist die Stadt Wien in Österreich. Die Wohnungsbaupolitik der Stadt Wien habe ich unter https://udokoepke.de/marktversagen-auf-dem-wohnungsmarkt/ bereits dargestellt.

Neben der Eindämmung der Spekulation und den fallenden Mietpreisen hätte eine reine Bodenwertsteuer noch den Vorteil, dass das Gerechtigkeitsprinzip im Steuerrecht wieder mehr zur Anwendung kommen würde.

Wenn Olaf Henkel, früherer Verbandsfunktionär der Unternehmer und (ehemaliger) AfD Politiker, mit einer unschuldigen Miene verkündet, das Kapital gehe überall da hin, wo es sich wohlfühlt, ist dieses Prinzip bei einer Bodenwertsteuer nicht möglich. Der volkswirtschaftliche Boden lässt sich nicht außer Landes bringen. Deshalb ist es an dieser Stelle wichtig, den Boden wieder gemeinwohlorientiert einzusetzen, in die öffentliche Hand zu überführen und den Spekulanten die rote Karte zu zeigen. Auch wenn Steuern für viele eine abschreckende Wirkung haben, darf die Deutungshoheit über die Steuerpolitik nicht Olaf Henkel, Christian Lindner, Friedrich Merz (der mit den Bierdeckeln) oder anderen Neoliberalen überlassen bleiben. Leider wird das Thema von vielen Bürgerinnen und Bürger ausgeklammert, weil sie meinen, die Steuerpolitik sei viel zu kompliziert. Dies trifft teilweise auch auf einige Politikerinnen und Politiker zu. Die Steuerpolitik muss aber viel stärker in den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Diskurs eingebunden werden, da sie sehr viele gesellschaftliche, soziale, wirtschaftliche und ökologische Probleme lösen kann. Bezüglich des Wohnungsmarktes hat die SPD  mit ihrem 12-Punkte-Papier schon einen ersten, viel zu zaghaften, Vorstoß unternommen.

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