Verkauft doch eure Inseln

09. Dezember 2023

Ein kurzer Blick in die Geschichte

Vor der Finanzkrise im Jahr 2008 ging man davon aus, dass eine Beziehung zwischen Risiko und Rendite besteht. Während der Finanzkrise wurde aber immer deutlicher, dass die Finanzbranche dazu neigt, Renditen (Gewinne) zu privatisieren und Risiken (Verluste) zu sozialisieren. Das ändert natürlich nichts an der Tatsache, dass es definitiv einen Zusammenhang zwischen Risiko und Rendite gibt. Da sind sich die Finanztheoretiker einig. Nach der Finanzkrise, die durch den Immobilienmarkt in den USA ausgelöst wurde, folgte dann die Eurokrise. Deutschland kam auf die widersinnige Idee eine Schuldenbremse in das Grundgesetz zu schreiben. Politiker, vor allem der lautstarke Wolfgang Schäuble, und die Medien vermittelten den Eindruck, dass die Finanzkrise mit den Staatsschulden zusammenhängt. Es folgte das Spardiktat des damaligen Finanzministers Wolfgang Schäuble (CDU) und es wurde auf den Finanzmärkten gegen die angeschlagenen Euroländer Spanien und Griechenland spekuliert. Es kam zu einer regelrechten Hetzjagd der spekulativen Finanzmärkte auf die genannten Länder. Die unangebrachte Häme der Deutschen gegenüber den Griechen war nicht zu überhören. Die Bildzeitung titelte im Jahr 2010: »Verkauft doch eure Inseln, ihr Pleite-Griechen.«

In der Folgezeit machten sich in der Wirtschaft deflationäre Tendenzen breit und die Europäische Zentralbank kaufte in den nächsten Jahren ohne Limit Staatsanleihen auf. Diese rigorose Maßnahme und das beherzte Vorgehen des damaligen EZB-Präsidenten Mario Draghi rettete die europäische Wirtschaft. Nur die deutsche Politik und die Mainstream-Medien empörten sich und Wolfgang Schäuble wurde nicht müde, den »faulen Griechen« die Schuld in die Schuhe zu schieben. Trotzdem war Draghis Entscheidung die einzig richtige, sie sicherte das Ãœberleben in der Eurozone. Die Spekulationen auf den Finanzmärkten gegen die Euroländer Griechenland und Spanien nahmen zu und die EZB bot den Spekulanten die Stirn. Das EZB-Direktorium, das eine weitgehend konservative Geldpolitik verfolgt, hat sich mit großer Mehrheit zu diesem vernünftigen Schritt entschieden. Außer, ja wer hat wohl dagegen gestimmt. Richtig, die sparsamen Deutschen, die sich als Zuchtmeister generierten. Der damalige Bundesbankchef Jens Weidmann, der durch Angela Merkel ins Amt gehievt wurde, ließ lieber die ganze Welt untergehen, als dass er von der Schuldenbremse abweichen würde. Dieser ideologische Hardliner hatte damals keine plausiblen Alternativen zur Ãœberwindung der Finanz- und Eurokrise.   

Zurück in die 2020er Jahre

Jens Weidmann ist Geschichte, er trat von seinem Amt als Bundesbankpräsident zurück. Mario Draghi hatte alles dafür getan, den Kapitalismus zu retten, indem er die Anleiheverkäufe weiter vorantrieb. Draghi wurde durch Christine Lagarde ersetzt und die Wirtschaft normalisierte sich. Dann kam der Ukrainekrieg, die Energie wurde knapp und die Preise stiegen. Besonders die vom russischen Gas abhängigen Deutschen traf es mit voller Wucht. Der Rest der Geschichte ist bekannt. Mittlerweile hat Deutschland ein riesiges Haushaltsloch, eine im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse und einen Finanzminister, der Steuererhöhung kategorisch ausschließt. Schließlich dürfen die »armen« Reichen nicht belastet werden.

Am 27.11.2023 meldete sich nun der damalige griechische Minister Panagiotis Lafazanis zu Wort. Er riet den Deutschen, doch ein paar Inseln zu verkaufen, um aus der Haushaltskrise zu kommen. Die Inseln Sylt oder Helgoland wären ein schönes Schnäppchen für so manchen ausländischen Investor.

Noch ein kurzer Nachtrag:

Die Ampelmänner haben sich nun auf einen neuen Haushalt geeinigt und der Streit ist (kurzfristig) beendet. Anstatt die unsinnige Schuldenbremse erneut auszusetzen oder die Steuern zu erhöhen, hat man sich darauf verständigt, die Energie zu verteuern. Der Strom, das Heizen und das Tanken wird nun teurer. Die Unternehmen werden diese Mehrkosten ebenfalls auf die Verbraucher überwälzen. Ich fürchte, dass diese Maßnahme wieder ein Schuss nach hinten ist, denn die Inflation könnte im nächsten Jahr wieder vor der Tür stehen. Mal hören, was unsere griechischen Freunde dazu sagen.

Weitere Artikel