Unsere Warmduscher Teil 2

05. Januar 2024

»Wir sind eine Gesellschaft des Ich, Ich, Ich – und jetzt. Wir denken nicht an andere und auch nicht an morgen.« (Paul A. Samuelson, amerikanischer Ökonom und Nobelpreisträger)

Es ist mutig, in einer Zeit der Ãœberschwemmungen einen Artikel über Wasserknappheit zu schreiben. Hinzukommt, dass das Jahr 2023 eines der nassesten Jahre in jüngster Vergangenheit war. Auch wenn wir momentan im Regen versinken, haben sich die Grundwasservorkommen noch nicht erholt. Beispielsweise stellt der technische Dezernent der Bezirksregierung Detmold, Joachim Loheide, fest, dass sich der Grundwasserpegel in Ostwestfalen-Lippe noch lange nicht auf einem zufriedenstellenden Niveau befindet. Weiter führt er aus: „Bis April kann das Wetter so bleiben.“ Auch wenn es die nächsten Monate so weiter regnet, könnte es keine Entwarnung für das Grundwasser geben.

Wir erinnern uns – Im vorletzten Blog beschäftigte ich mich mit den Duschvorlieben eines profilierten Politikers, Wolfgang Kubicki. Der FDP -Politiker Wolfgang Kubicki prahlte öffentlich: „Robert Habeck darf gerne so kurz duschen, wie er es für richtig hält. Ich schaue jedenfalls nicht auf die Uhr, wenn ich in der Dusche stehe. Ich dusche so lange, bis ich fertig bin.“ In diesem Blog habe ich mich mit dem Freiheitsbegriff der Warmduscher und Autobahnraser beschäftigt. Wolfgang Kubicki hat scheinbar nicht den leisesten Schimmer wie es mit der Wasserknappheit, gerade auch in Deutschland, bestellt ist. Vielleicht lässt er sich von seinen Sinnen leiten und stellt fest, dass gerade in Deutschland ausreichend Wasser vorhanden ist. Schließlich führen die Flüsse und Bäche viel zu viel Wasser. Persönliche Wahrnehmung und Wissenschaft stimmen, wie so oft, nicht überein.

Bisher lag Deutschland, klimatisch günstig, nämlich im Übergangsbereich. Aufgrund der Mittellage zwischen dem trockenen Süden Europas und dem feuchten Skandinavien braucht man sich um die Wasserversorgung nicht ängstigen. Aber der Klimawandel macht nicht vor dem regenreichen Deutschland halt. »Demnach hat das ehedem wasserreiche Land seit der Jahrtausendwende etwa 2,5 Gigatonnen (2,5 Millionen Kubikkilometer[1]) Wasser verloren – das trockene 2022 noch nicht mitgerechnet. Das entspricht der Wassermenge des Bodensees. Besonders betroffen sind Regionen im nördlichen Bayern, im Raum Lüneburg südlich von Hamburg und in Teilen Baden-Württembergs.«[2] Somit gehört Deutschland zu der Region mit den höchsten Wasserverlusten weltweit.

Steigende Durchschnittstemperaturen weltweit

Die Wasserverluste hängen unmittelbar mit der Erderwärmung zusammen. Um den Klimawandel aufzuhalten, wurde im Pariser-Klimaschutzabkommen das 1,5 Grad Ziel vereinbart. Die weltweite Durchschnittstemperatur soll 1,5 Grad nicht übersteigen. Die Darstellung von mathematischen Durchschnitten ist aber immer problematisch. Wenn die Temperatur in einem Landstrich 1 Grad Celsius beträgt und in einem anderen 2 Grad Celsius, errechnen wir eine Durchschnittstemperatur von 1,5 Grad Celsius. Dieser Wert ergibt sich auch, wenn die Temperatur in einem Landstrich 8 Grad Celsius und in einem anderen Landstrich minus 5 Grad Celsius beträgt. Auch hier beträgt die Durchschnittstemperatur 1,5 Grad Celsius. Deshalb ist das, im Pariser Klimaschutzabkommen aus dem Jahr 2015 verankerte, 1,5 Grad Celsius Ziel mit Vorsicht zu genießen, es ist trügerisch. Global ist in den letzten zehn Jahren die Temperatur um 0,39 Grad gestiegen. Wohlgemerkt, in den letzten zehn Jahren. In Berchtesgaden (Bayern) ist im gleichen Zeitraum die Durchschnittstemperatur um 3,7 Grad Celsius gestiegen. Auf die gesamten Alpen bezogen ist selbst das 2 Grad Ziel nicht mehr zu erreichen, weil die Änderung der Durchschnittstemperatur bereits darüber liegt. Und das hat nicht nur Auswirkungen auf den Klimawandel, sondern auch auf das Wasser. Die Alpen versorgen eine sehr große Region mit Wasser, und dieses Wasser wird zunehmend weniger. Mehrere Millionen Menschen sind von der Wasserversorgung der Alpen betroffen.

Die UNESCO, die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft, Bildung und Kultur, geht davon aus, dass 2,2 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben, Tendenz steigend. Trinkwasser ist für das Überleben aller Menschen unverzichtbar. Die Privatisierung von Wasser muss global verboten werden. Wasser muss für alle Menschen zugänglich sein. Außerdem sind Spekulationen mit Wasser und Wasserrechten zu sanktionieren, oder noch besser, zu verbieten. Spekulanten dürfen nicht die Herrschaft über Leben und Tod erlangen.

Sowohl die Verhinderung der Klimakatastrohe als auch die Trinkwassernot sind Aufgaben, die nicht individuell gelöst werden können. Einzelne Verhaltensänderungen bringen sehr wenig. Hier sind politische Lösungen gefragt. Die Signale die Wolfgang Kubicki und seinesgleichen aussenden, sind trotzdem verheerend. Diese Clique wird ihre Duschvorlieben nicht ändern, und der Allgemeinheit weiterhin in egoistischer Art und Weise, das Wasser, die Quelle des Lebens, wegnehmen und dabei arrogant lächeln. Wo es kein Wasser gibt, gibt es keine Freiheit und erst recht keine Zukunft.      


[1] Oder sollte man eher sagen: Kubickikilometer?

[2] Uwe Ritzer, Zwischen Dürre und Flut, Deutschland vor dem Wassernotstand, München, 2023, S. 71.

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