Windräder ja bitte, aber…

29. April 2025

»Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass Flächennutzung die wichtigste aller Umweltfragen ist.« (George Monbiot)

Damit kein falscher Eindruck entsteht – natürlich bin ich für Windräder und auch für den weiteren Ausbau der Energiequellen Sonne und Wind. Trotzdem muss man sich auch kritisch mit dieser Art der Energiegewinnung auseinandersetzen. Dass die deutsche Industrie inzwischen auch für die erneuerbaren Energie plädiert, dürfte niemanden verwundern, schließlich muss die Kapitalakkumulation aufrechterhalten und der Umfang der Produktion ständig erhöht werden. Solange das System wächst, wird immer mehr Energie benötigt, und nicht weniger. Fraglich ist, ob ein auf Wachstum getrimmtes Wirtschaftssystem, dass zunehmend Material und Energie benötigt, dem Klimaschutz dienen kann.

Die Windkraft und die seltenen Erden

Windkraft benötigt, ähnlich wie Solarzellen, jede Menge seltener Erden. Für die getriebelosen Antriebe der Windräder wird sehr viel Neodym benötigt. Neodym wird aber auch für den Dauermagneten, der in E-Autos verbaut wird, gebraucht. Dieser Rohstoff ist knapp und er wird, wie fast alle seltenen Erden, unter unmenschlichen Bedingungen aus der Erde geholt. Die Natur leidet, es werden viele Giftstoffe freigesetzt und ganze Landstriche in Papua-Neuguinea, Indien, Chile oder Ghana werden vergiftet. Außerdem fressen Windräder Fläche und sie gefährden die Biodiversität in Deutschland. Auch Windräder sind nicht ewig zu gebrauchen. Die übliche Nutzungsdauer von Windkraftanlagen beträgt circa 20 Jahre, danach müssen sie entsorgt und neue Windräder müssen gebaut werden.

Wenn sich die Abstände zwischen den Rotoren der Windräder verringern, nimmt die Energieausbeute ab. Neuere Untersuchungen gehen davon aus, dass die von den Rotoren verbrauchte Windenergie sich fatal auf die Regenwolken auswirken können. Somit könnten Windkraftanlagen sich negativ auf das Klima auswirken und Temperaturerhöhungen und Trockenheit verursachen. Der Entzug von systemimmanenter Bewegungsenergie verändert Natur und Klima. Im Übrigen sind Trockenheit und Überflutungen zwei Seiten einer Medaille. Sie sind die Folgen eines geringen Fassungsvermögens des Bodens. Beides kann verbessert werden, wenn sich die Wasserrückhaltung verlangsamt.

Die Betreiber von Windkraftanlagen befinden sich in einem Dilemma. Einerseits müssen Windräder viel schneller gebaut und die Genehmigungsverfahren müssen beschleunigt werden. Andererseits beklagen die Betreiber, dass gerade die Umweltschützer diese Verfahren verlangsamen, weil beispielsweise die Rotmilane geschützt werden müssen. Deshalb sind umfangreiche Gutachten zu erstellen. Der Spagat ist deshalb so problematisch, weil sowohl Betreiber und Artenschützer gleichermaßen Naturschützer sind und dem Klimawandel etwas entgegensetzen wollen. Als Lösung könnte man auf die Begutachtung des Artenschutzes weitgehend verzichten, damit die Genehmigungsverfahren beschleunigt werden können. Im Gegenzug könnte man den Artenschützern Ausgleichsflächen anbieten, die dann wiederum den Tieren und Pflanzen zur Verfügung stehen. Dies macht aber nur Sinn, wenn zusätzliche Naturschutzflächen entstehen. Windräder in den Wald zu stellen, ist deshalb eine ganz schlechte Idee.

Waldschutz ist gleich Klimaschutz

Dabei kann eine ernsthafte Klimapolitik nur angestrebt werden, wenn man sich von den Monokulturen verabschiedet und die Art der Landnutzung restrukturiert. Seit den 1930er Jahren werden großflächig Fichten angebaut. Martin Janner, Förster des Jahres 2023, bezeichnete sie als »Normschweine der Forstwirtschaft«. Sowohl Fichten als auch industriell produzierte Schweine wachsen schnell, lassen sich effizient verarbeiten und sie sorgen für auskömmliche Profite. Ökonomisch bedeutet der Mischwald aber zunächst ein Rückgang der Erträge und ein ökologischer Umbau des Waldes wird teuer. Weil der Wald seine Bedingungen selbst, und ohne menschliche Eingriffe, verbessern kann, muss er zunächst in Ruhe gelassen werden. Der Wald kann seine fein abgestimmten Prozesse selbst übernehmen. Dafür braucht er aber viel Zeit. Das tote Holz muss im Wald verbleiben, damit sich zahllose Kleinlebewesen ansiedeln, die dieses Holz zu Humus verarbeiten. Außerdem wirken Totholz und auch der Humusboden[1] wie ein Schwamm, der die Feuchtigkeit bindet und im Wald hält. In diesem Zusammenhang müssen Alternativen zu den schweren Maschinen entwickelt werden. Durch den Einsatz herkömmlicher Industriemaschinen wird der Boden verdichtet und es entstehen tote Zonen, die die Humusbildung verhindern. Die Verdichtungsschäden wirken sich über sehr viele Jahrzehnte auf die Bodenqualität aus. Es geht aber nicht um den schnellen Ernteerfolg, denn der Wald ist nicht nur ein Holzlieferant. Er ist Sauerstoffproduzent, Kohlenstoffsenke, Wasserspeicher, Schadstofffilter, Lebensraum für Pflanzen, Tiere, Pilze und für das Lebewesen Mensch natürlich auch Ort der Erholung, Inspiration, Gesundheitsvorsorge und Muse. Deshalb muss möglichst viel Wald unter Schutz gestellt werden, damit er seine volle Wirkung entfalten kann. Diese Wirkung wird aber durch zunehmende Landnahme, durch Ansiedelungen von Windrädern und durch Waldbrände zunichte gemacht.

Bei der Waldbrandbekämpfung spielt feuchtes Totholz eine entscheidende Rolle. Damit kann zwar kein Waldbrand verhindert werden, aber eine Feuerwalze kann damit gebremst werden. Damit vereinfachen sich die Löscharbeiten. Gesunde Wälder haben an warmen Sommertagen ein um 8 Grad Celsius vermindertes Waldinnenklima. Dies ist nur möglich, wenn das Kronendach des Waldes geschlossen ist. Am günstigsten wäre es, wenn die Sonne den Waldboden kaum berührt. Dadurch kann er sich nicht erwärmen und die Gefahr des Austrocknens ist ebenfalls gebahnt. Deshalb sollten Waldinseln wieder verbunden und Fuhrwege, Lichtungen und Gassen für die Industriemaschinen vermindert werden. Eine Verschärfung der Genehmigungsverfahren für Waldschneisen wäre wünschenswert. Dies ist aber nur Wunschdenken, weil momentan Stromtrassen von Nord nach Süd auf die Befindlichkeiten der sensible Biosphäre Wald keine Rücksicht nehmen. Auch werden Waldinseln vielfach nicht zusammengeführt, weil diese Inseln für den Bau von Windkrafträdern in Frage kommen.


[1] Auf der Klimakonferenz in Paris im Jahr 2015, bei der sich die Staaten endlich auf ein belastbares Klimaabkommen einigen konnten, hat Gastgeber Frankreich, neben dem 1,5 Grad Ziel, eine weltweite 4-Promille-Initiative für den Boden vorgeschlagen. Die Wissenschaftler des Thünen-Instituts gehen davon aus, dass in Deutschland jährlich 1,5 Promille Humusboden verloren gehen. Die Verdichtung des Bodens nimmt in Deutschland mit sechzig Hektar Flächenfraß täglich zu. Auf der Klimakonferenz in Paris verpflichtete sich zunächst nur Frankreich auf das 4-Promille-Ziel, dass besagt, dass der Humusboden weltweit jährlich um 4 Promille zunehmen muss, um den Klimawandel wirksam zu bekämpfen. Deutschland hat die zugehörige internationale Deklaration dann doch noch als Erstunterzeichner mitgetragen. Die Ziele werden in Deutschland aber nicht erreicht. Im Gegenteil – statt Humusboden zu generieren, wird dieser Boden vernichtet.

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