Arktis, Antarktis und Himalaya

16. August 2023

Das Schmelzen der Polkappen ist nicht mehr zurückzudrehen, es kann bestenfalls gestoppt werden. Falls das nicht gelingt, und das ist sehr wahrscheinlich. dann spricht man von einem Kipppunkt. Solche Umbrüche geschehen, wenn die Bewegungen von Molekülen verändert werden. Beispielsweise können chemische Stoffe an bestimmten Kipppunkten ihren Aggregatzustand ändern. Die kleinste Veränderung kann einen Stoff aus einem gefrorenen Zustand in einer flüssigen oder gasförmigen Erscheinungsform umwandeln. Das Auftauen der Gletscher und des Permafrostbodens stellen solche Kipppunkte dar. Die Natur entspringt aber keinem Reagenzglas aus einem Chemielabor und der Aggregatzustand ist somit irreversibel. Außerdem führen Multiplikatoreffekte dazu, dass sich die Gefahren noch vergrößern können. Deshalb ist es eine gewagte These, wenn der politische Mainstream behauptet, dass der Klimawandel noch beherrschbar sei, wenn die Welt sich im Durchschnitt um 1,5 bis 2 Grad erwärmt.

Die Arktis

Vermutlich wird die Arktis sehr bald eisfrei sein. Wenn beispielsweise das arktische Eis im Nordpolarmeer schmilzt, werden die Schifffahrtswege frei und das arktische Rohöl kann ausgebeutet werden. Dieser ökonomische Vorteil verkehrt sich aber sofort ins Gegenteil, weil unter dem Arktischen Ozean genug Methan liegt, um ein sehr großes Artensterben zu verursachen. Schätzungen gehen von einem Anstieg der globalen Temperaturen von 10 Grad Celsius aus.[1] Somit entsteht ein tödlicher Kreislauf. Das Schmelzen des arktischen Eises, bewirkt ein Anstieg des Meeresspiegels. Millionen Menschen sind dadurch bedroht und trotzdem wird nach weiterem Öl gebohrt, dass verbrannt und durch Auspuffrohre und Schornsteine entsorgt wird. Somit rückt die Klimakatastrophe immer näher an uns heran. 

Die Antarktis

Ähnlich traurig ist die Situation in der Antarktis. Am 24. Februar 2022 wurde die Meereisausdehnung in der Antarktis mit 2,27 Millionen Quadratkilometer angegeben. Dieses Rekordminimum wurde als sehr besorgniserregend eingestuft. Ein Jahr später, am 11. Februar 2023, teilte das Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven mit, dass wieder ein Rekordminimum erreicht wurde, weil nur noch eine Fläche von 2,2 Millionen Quadratkilometern vom Meereis bedeckt sei. Damit sei das Minimum des Vorjahres bereits unterschritten, obwohl die Schmelzperiode voraussichtlich noch bis in die zweite Februarhälfte anhalte. Der Westantarktische Eisschild verliert 150 Kubikkilometer Eis pro Jahr und die Meere erwärmen sich viel schneller, als man früher dachte. Jetzt schon steht das antarktische Schelfeis von Larsen B und C kurz vor dem Zusammenbruch. Das ist alarmierend und eigentlich müsste man Innehalten. Aber aus ökonomischen Erwägungen gibt es kein Motiv zum Zögern. Im Gegenteil – Donald Trump hat in seiner vergangenen Amtszeit schon häufig erwähnt: Wenn das Rohöl in der Erde bleibt, so Trump, werden Vermögenswerte in Höhe von mehreren Billionen Dollar vernichtet. Dies hat er als ökonomischen Wahnsinn bezeichnet. Klar, die ökonomische Logik besagt, dass „Brennstoffe, die nicht verbrannt werden können, nicht viel wert sind.“ (Alex Steffen) Dieser Logik schließen sich die meisten Politikerinnen und Politiker an und setzen auf die Macht der fossilen Brennstoffe. So auch der kanadische Premierminister Justin Trudeau, der sich auf der Pariser Klimakonferenz im Jahr 2015 so vehement für das 1,5 Grad Ziel eingesetzt hat. Zwei Jahre später hat er scheinbar seine Meinung geändert. Er sagte im Frühjahr 2017 vor Ölarbeitern in Houston (USA): »Kein Land, das 173 Milliarden Barrel Öl im Boden findet, würde sie einfach dort lassen.« Wenn diese Menge dann tatsächlich verbrannt wird, wäre das 1,5 Grad Ziel, und wahrscheinlich auch das 2 Grad Ziel, nicht mehr zu erreichen. Also können wir den Kampf gegen die Klimakatastrophe nur gewinnen, wenn die Antarktis und das Südpolarmeer unter Schutz gestellt werden. Dieser Kontinent trägt maßgeblich zur Klimaregulierung bei.

Der Himalaya

Eine dritte traurige Nachricht betrifft den Himalaya, der eine entscheidende Rolle für die Regulierung des Klimas spielt. Außerdem ist er für die Süßwasserversorgung für Milliarden von Menschen von entscheidender Bedeutung.

»Das Hochland von Tibet liegt im Zentrum des asiatischen Hochgebirges, einem Gebiet, das als dritter Pol bezeichnet wird, weil es nach der Antarktis und der Arktis der drittgrößte Vorrat an gefrorenem Wasser der Erde ist. In der Region gibt es 15000 Gletscher, die fast 100000 km2 des asiatischen Hochgebirges bedecken und 3000 bis 4700 km3 Eis enthalten. Die Gletscher speisen die Einzugsgebiete der Flüsse Amu Darya, Brahmaputra, Ganges, Indus, Irrawaddy, Mekong, Salween, Tarim, Jangste und Gelber Fluss. Die Hindukusch-Himalaya-Region erstreckt sich über 3500 km und umfasst Indien, Nepal, China, Bhutan, Pakistan, Afghanistan, Bangladesh und Myanmar, die alle versucht haben, das Gebirge, einschließlich seines Wassers, seiner Luft und seiner Ökosystem, unter ihre souveräne Kontrolle zu bringen.«[2]

Die Verflüssigung diese Gletscher hat verheerende Auswirkungen für die Menschen im asiatischen Hochgebirge. Schmelzen die Himalaja-Gletscher stärker ab, werden die großen asiatischen Flüsse Ganges, Mekong, Jangtse, Brahmaputra und Indus wesentlich mehr Wasser mit sich führen. Dies wird vermutlich gewaltige Überschwemmungen zur Folge haben. Da dann nicht mehr ausreichend Schmelzwasser nachkommt, werden diese großen Ströme langfristig zu Rinnsalen verkommen. Für die über eine Milliarden Menschen wird sich die Gletscherschmelze in eine doppelte Katastrophe auswachsen. Zunächst werden die Fluten kommen und anschließend wird diese Region mit dem Wassermangel zu kämpfen haben. Flut und Dürre werden sich zukünftig verstärken.

Die Gletscher schmelzen rapide und die Bergsteiger, die unterhalb des Mount Everest aufstiegen, sahen weder Schnee noch Schmelzwasser, sondern lediglich den nackten Felsen. Während Hoimar von Ditfurth in einer Querschnitt-Sendung im ZDF aus dem Jahr 1978 noch ausdrücklich davor gewarnt hat, dass aufgrund der rückläufigen Polkappen und der Gletscherschmelze die Menschheit aussterben könnte, ist dies in der heutigen Zeit nur noch eine Randnotiz in den Medien. Anstatt aufzuklären, innezuhalten und sich bewusst zu werden, wie wichtig die Gletscher für das Überleben der Menschheit sind, werden beispielsweise die Möglichkeiten für Ölbohrungen in der Arktis thematisiert und auf internationalen Konferenzen verhandelt. Anstatt die Rolle der Öl Lobby auf das Schärfste zu verurteilen, gaukeln uns die Medien vor, dass die Gletscher verschwinden – wie schade, sie sind doch so wunderschön und die niedlichen Eisbären sterben auch aus.


[1] Vgl. Charles Eisenstein, Klima, Eine neue Perspektive, Berlin, München, Zürich, Wien, 2. Auflage, 2019, S. 106

[2] Sophia Kalantzakos und Kunda Dixit, Der Himalaya: Hotspot des globalen Klimasystems, in:  Blätter für deutsche und internationale Politik, 6`23, Berlin, 2023, S. 47.

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