Die Gletscherschmelze und die Polkappen

14. Januar 2023

»Wir sind auf dem Highway zur Klimahölle – mit dem Fuß auf dem Gaspedal.« (Antonio´Guterres, UN-Generalsekretär in seiner Eröffnungsrede auf der Weltklimakonferenz COP27)

Im Jahre 1978 moderierte der Wissenschaftsjournalist Hoimar von Ditfurth die Sendung Querschnitt im ZDF. Erstmals wurde das Thema Biodiversität und Erderwärmung im Fernsehen thematisiert. Hoimar von Ditfurth führte aus, dass das Klima über einen unvorstellbar langen Zeitraum stabil geblieben ist, weil die infraroten Wärmestrahlungen der Sonne durch die Antarktis reflektiert werden. Er bezeichnete die Polkappen als Spiegel, die die Infrarotstrahlen der Sonne wieder ins Weltall zurückschicken. Durch die Treibhausgase (beispielsweise CO2) erhöht sich das Rückhaltevermögen für infrarote Wärmestrahlungen in der Troposphäre. Die Erde heizt sich auf, dadurch schmelzen die Polkappen ab und es kommt ein gefährlicher Kreislauf in Gang. Am Ende seines Vortrages zur Erderwärmung warnte von Ditfurth vor einem steigenden Meeresspiegel, Knappheit des Trinkwassers und vor einer zunehmenden Wüstenbildung. Außerdem warnte er bereits im Jahre 1978 davor, dass die Menschheit aussterben könnte, wenn wir die Schmelze der Polkappen nicht in den Griff bekommen.

Heute wissen wir mehr

Im Jahre 1997 wurde am Dome C in der Ostantarktis mit Hilfe von Eisbohrkernen der Beweis erbracht, dass die gegenwärtige CO2-Konzentration in der Atmosphäre wesentlich höher ist als in den letzten 800.000 Jahren. Wissenschaftler haben am Dome C einen Eiskern erbohrt, der drei Kilometer lang ist. Es wurden hier stückweise 3 Meter lange Bohrkerne eingesetzt. Damit konnte man in Laboranalysen herausfinden, wie sich das Erdklima und die Zusammensetzung der Atmosphäre verändert haben. Die Analyse des Bohrkerns aus gepresstem Schnee brachte folgendes Ergebnis: Die Erde hat während der letzten 800.000 Jahre acht Eiszeiten und acht wärmere Perioden erlebt. Die nächste Eiszeit ist frühestens in 15.000 Jahren zu erwarten[1], wenn sich der Mensch wie in der vorindustriellen Zeit verhalten und auf den CO2 -Ausstoß weitgehend verzichten würde.

Unsere Denkweise und unsere Entscheidungen beziehen sich auf die nächsten 30, 40 Jahre. Einige denken schon über 80 Jahre hinaus, aber „die Verheerungen durch den Klimawandel werden 2100 kein plötzliches Ende nehmen, nur weil die meisten Modelle üblicherweise an jenem Punkt enden. Deshalb bezeichnen manche Forscher, die sich mit der Erderwärmung befassen, die darauffolgenden 100 Jahre bereits als das „Höllenjahrhundert“. Der Klimawandel geschieht schnell, viel schneller, als wir es anscheinend begreifen und anerkennen können, aber er hält lange an, fast länger, als wir in der Lage sind, uns vorzustellen.“ [2]

Gletscherschmelze nicht mehr zu stoppen

Am 06. Januar 2023 las ich folgende Meldung[3]: Gletscherschmelze nicht mehr zu stoppen. Das Fachjournal »Science« veröffentlichte eine Studie, die im günstigsten Fall vorhersagte, dass ein großer Teil der Gletscher für immer verschwinden werden. Auch die vier verbleibenden deutschen Gletscher sind nicht mehr zu retten. Es wird aber nicht darüber berichtet, dass die Polkappen und die Gletscher eine wichtige Funktion für die Erderwärmung haben. Dies ist nach einer Studie des » Arctic Monitoring and Assessment Programme« (AMAP) aus dem Jahr 2021 deshalb so wichtig, weil die Region rund um die nördliche Polkappe sich schneller als der Rest der Welt erwärmt: Von 1971 bis 2019 ist die globale Durchschnittstemperatur der Arktis um 3,1 Grad Celsius gestiegen.

Vermutlich wird die Arktis sehr bald eisfrei sein. Der Westantarktische Eisschild verliert 150 Kubikkilometer Eis pro Jahr und die Meere erwärmen sich viel schneller, als man früher dachte. Jetzt schon steht das antarktische Schelfeis von Larsen B und C kurz vor dem Zusammenbruch. Wenn das arktische Eis im Nordpolarmeer schmilzt, werden die Schifffahrtswege frei und das arktische Rohöl kann ausgebeutet werden. Dieser ökonomische Vorteil verkehrt sich aber sofort ins Gegenteil, weil unter dem Arktischen Ozean genug Methan liegt, um ein sehr großes Artensterben zu verursachen. Schätzungen gehen, bei einer Freisetzung dieses Methans, von einem Anstieg der globalen Temperaturen von 10 Grad Celsius aus.[4]

Während Hoimar von Ditfurth in der besagten Querschnitt-Sendung aus dem Jahre 1978 noch ausdrücklich davor gewarnt hat, dass aufgrund der rückläufigen Polkappen und der Gletscherschmelze die Menschheit aussterben könnte, ist dies in der heutigen Zeit nur noch eine Randnotiz. Die Gletscher verschwinden – wie schade, sie sind doch so wunderschön und die niedlichen Eisbären sterben auch aus.

[1] Vgl. Jürgen Petermann (Hrsg.), Sichere Energie im 21. Jahrhundert, Hamburg, 2006, S.102 / 103

[2] Brady Dennis und Chris Mooney, Scientists Nearly Double Sea Level Rise Projections for 2100, Because of Antarctica , in; „The Washington Post“, 30.3.2016

[3] Neue Westfälische vom 06.Januar 2023

[4] Vgl. Charles Eisenstein, Klima, Eine neue Perspektive, Berlin, München, Zürich, Wien, 2. Auflage, 2019, S. 106

 

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