Die reiche Verschmutzungselite ruiniert das Klima

17. Juli 2023

Die reichsten Menschen in Deutschland emittieren nach einer „taz“-Datenanalyse ein Vielfaches an klimaschädlichen Treibhausgasen wie der Durchschnitt. Die Ärmsten stoßen etwa drei Tonnen CO2 pro Kopf pro Jahr aus, während ein Prozent der reichen Bevölkerung 105 Tonnen CO2 emittieren. Das ist fast das 35-Fache. Nach Aussagen des französischen Wirtschaftsprofessors Thomas Piketty wird dieser Abstand noch größer, wenn man die Reichsten in noch kleinere Gruppen unterteilt. Laut „taz“ werden die Emissionen der reichsten 0,001 Prozent in Deutschland, das sind etwa 800 Menschen, auf 11.700 Tonnen pro Kopf im Jahr geschätzt. Das ist das Tausendfache der Emissionen der Durchschnittsbürger, die in Deutschland durch eine vergleichsweise wohlhabende Mittelklasse repräsentiert wird.

Und im internationalen Vergleich sieht es noch wesentlich schlimmer aus. Zum Beispiel hat Bill Gates im Jahr 2017 geschätzte 343.446 Flugkilometer zurückgelegt. Das sind 1.629 Tonnen CO2, die in die Atmosphäre freigesetzt wurden. Damit zählt Bill Gates zu einem der größten Umweltsünder. Zum Vergleich: In einen der ärmsten Länder der Welt, in Afghanistan, werden im Jahr 0,3 Tonnen CO2 pro Kopf freigesetzt und in Burundi sind es nur 0,03 Tonnen. Da ich so gerne rechne und meine Argumentation möglichst mit Zahlen belege, werde ich die 1.629 Tonnen CO2 aus dem Privatjet von Bill Gates durch 0,03 Tonnen aus Burundi dividieren. Das Ergebnis ist, dass 54.300 Menschen aus Burundi genau so viel Kohlendioxid emittieren wie Bill Gates mit seiner Fliegerei. Wenn die Yachten, die Luxusvillen und der Konsum von Bill Gates dazugerechnet wird, verdoppelt sich wahrscheinlich die ermittelte Zahl.

Luxusemissionen vs. Subsistenzemissionen

Der Humanökologe Andreas Malm unterscheidet »Luxusemissionen« von »Subsistenzemissionen« (von Kohlendioxid) und liefert Argumente dafür, dass Luxusemissionen verabscheuungswürdiger sind und vorrangig bekämpft werden müssen. Die Reichen und Superreichen repräsentieren eine weltweite, grenzenlose »Verschmutzungselite«, die exzentrische Phänomene, beispielsweise die private Raumfahrt, hervorbringt. Jeff Bezos (amazon) und Richard Branson (virgin group) flogen im Juli 2021 für 11 Minuten ins All und verbrachten jeweils 300 Tonnen CO2 in die Atmosphäre. Die beiden Herren Richard Branson und Jeff Bezos emittieren in nur 11 Minuten genauso viel CO2 wie 10.000 Einwohner des Landes Burundi Einwohnern in einem Jahr.[1] Burundi verbrennt den Kohlenstoff, um notdürftig existieren zu können (Subsistenzemissionen), Richard Branson und Jeff Bezos wollen einen 11-minütigen Kick erleben und sie erzeugen Luxusemissionen. Berechtigterweise muss dieser Überkonsum kritisiert und verurteilt werden. Es ist aber nur eine Seite der Medaille, denn die viel größeren CO2-Emissionen entstehen durch die Investments reicher Kapitalbesitzer. Um die Kapitalakkumulation aufrecht zu erhalten, investiert die reiche Klasse beispielsweise in den gewinnbringenden und klimaschädlichen Flugbetrieb. »Der CEO einer Airline, der eine Flotte von hunderten Flugzeugen organisiert, die jährlich Millionen Tonnen CO2-Äquivalente emittiert, verdankt seine Einkünfte und Aktienoptionen genau dieser klimaschädlichen Aktivität.«[2]

Die fehlgeleitete Steuerpolitik

Die Investitionsströme der Reichen sind nicht nur klimaschädlich, sondern auch für die Zerstörung ganzer Ökosysteme verantwortlich. Der französische Soziologe Grégory Salle kritisiert in seinem Buch Superyachten die zunehmenden schwimmenden Paläste, die allein mit ihrem Anker die ökologisch wichtigen Neptungraswiesen auf dem Meeresgrund zerstören. Auch weist der Soziologe nach, dass eine Yacht von etwa 70 Metern Länge circa 500 Liter Treibstoff pro Betriebsstunde verbraucht. Somit werden mindestens 1.400 Kilogramm CO2 pro Betriebsstunde freigesetzt.  Es gibt weltweit 6.000 Superyachten und Grégory Salle beschreibt in diesem Zusammenhang noch einen weiteren Aspekt. »In einem Artikel vom Mai 2018 wies der Journalist Rupert Neate darauf hin, dass die kumulierten jährlichen Ausgaben für die ungefähr 6000 in Betrieb befindlichen Superyachten die gesamten Schulden der sogenannten »Entwicklungsländer« tilgen könnten.«[3] 

Die genannten Beispiele ließen sich noch endlos fortsetzen. Es liegt somit auf der Hand, dass es sowohl ökonomisch als auch ökologisch der falsche Weg, Reiche steuerlich zu entlasten. Auch hier ist genau das Gegenteil der Fall. Da Reiche überproportional für die Klimakatastrophe verantwortlich sind, müssen sie auch überproportional Steuern zahlen. Klimawandel und Reichtum hängen signifikant zusammen, denn man kann nicht die Schuld auf die gesamte Menschheit verteilen und die Reichen, die eine besondere Verantwortung tragen, aus ihrer Verantwortung entlassen. Mit Hilfe der Steuerpolitik lässt sich der zerstörerische Reichtum sinnvoll begrenzen. Eine Umverteilung zu Lasten der Reichen ist mindestens genauso notwendig, wie der allgemeine Aufruf zum Verzicht. Das Mantra der Superreichen: »Gewährt uns Steuervergünstigungen und Subventionen und wir werden investieren, um Arbeitsplätze zu schaffen«, klingt zwar überall auf der Welt gleich, es ist aber nicht mehr glaubwürdig. Immer wieder hört man das Standardargument: »Man kann nur verteilen, was vorher erwirtschaftet wurde«. Dieses Argument klingt zwar überzeugend, dennoch ist es ebenfalls falsch. Da die Umverteilung zu Lasten der ärmeren Menschen geht, kommt man zu dem Schluss, dass viele den »großen Kuchen« erwirtschaftet haben und nur wenige bekommen die großen Stück ab. Für die meisten bleiben nur die Krummen übrig. »Es ist erwirtschaftet – von vielen, allerdings vor allem für wenige.«[4]


[1] Eigene Berechnungen, vgl. https://www.co2online.de/klima-schuetzen/klimawandel/co2-ausstoss-der-laender

[2] Sighard Neckel, Zerstörerischer Reichtum, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, 4`23, Berlin, 2023, S. 52.

[3] Grégory Salle, Superyachten, Luxus und Stille im Kapitalozän, Berlin, 4. Auflage, 2023, S. 54.

[4] Norbert Walter-Borjans, Steuern – Der große Bluff, Köln, 2018, S.31.

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