Plastik, PFAS und DnHexP

01. Februar 2024

»Kein Mensch ist eine Insel« (Jan Skudlarek)

Aus Kohlenstoff entsteht Plastik

Eine einzige Probe Rohöl enthält hunderte, völlig unterschiedliche Kohlenstoffmoleküle. Durch Destillation in einer Raffinerie werden sie sortiert und veredelt. Vor circa 70 Jahren hat die petrochemische Industrie eine Revolution erfahren. Man war nun technisch imstande, große Molekülketten zu halbieren und kleine Moleküle zusammenzukleben. Erdölderivate konnten nun vermischt werden und verschiedene Arten von Kunststoff wurden produziert. Im Jahr 1960 gab es kaum Plastik, folglich war die weltweite Nachfrage verschwindend gering, also sehr weit unterhalb einer Millionen Tonnen. Heute beträgt sie pro Jahr über 400 Millionen Tonnen, Tendenz stark steigend. Es gibt kaum eine Branche, die ohne Plastik existieren kann.  Der Stoff veränderte komplett unser Leben und wir wurden nicht nur von den fossilen Brennstoffen abhängig, sondern auch vom Kunststoff. Somit entstand ein massives Umweltproblem.

Plastik

Eine weggeworfene Plastiktüte am Strand ist kein schöner Anblick und man verurteilt zurecht die Menschen, die ihren Müll am Meer entsorgen. Ein mit Plastiktüten übersätes Meer ist besorgniserregend und man verurteilt zurecht die Politikerinnen und Politiker, die sich hier nicht einmischen. Mikroplastik im menschlichen Körper hingegen wird aber von unseren Sinnen nicht wahrgenommen und für die wissenschaftlichen Berichte interessieren sich viele Menschen nicht. Problematischer als der offensichtliche Plastikmüll ist das Mikroplastik, das sich nicht nur allmählich in unsere Nahrungskette einschleicht, sondern auch in Wimperntusche, Sonnencremes und Duschgel enthalten ist. Wenn Mikroplastik über Abwasser und auch Regenwasser im Meer angekommen ist, kann es nicht mehr entfernt werden. Durch den Verzehr von Fischen schleichen sich die kleinen Fragmente aus Kunststoff in unsere Nahrungskette ein. Mikroplastik wird inzwischen auch im Menschenblut und in der menschlichen Plazenta nachgewiesen. Leider werden diese Mikropartikel kaum wahrgenommen und somit scheint das Problem offensichtlich nicht zu existieren. Damit aber nicht genug. Jetzt ist auch noch das PFAS als sehr großes ökologisches Problem identifiziert worden.

PFAS

PFAS gehört zu den per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC). Darunter versteht man eine Gruppe synthetisch hergestellter Organofluorverbindungen, bei den die Wasserstoffatome an der Kohlenstoffkette teilweise oder komplett durch Fluoratome ersetzt worden sind. Organofluorverbindungen sind chemische Verbindungen, bei denen ein Fluoratom direkt mit einem Kohlenstoffatom verknüpft ist.   

Der synthetische Allroundwerkstoff PFAS ist deshalb so praktisch, weil er nicht nur Wasser, sondern auch Fett abweist. PFAS wird genutzt für die Herstellung von Outdoorkleidung, Teppichböden, Zahnseide, Kabelummantelungen, Verpackungen und viele Dinge mehr. Diese Chemikalie löst sich aber nicht auf, sie ist persistent. Deshalb wird diese Chemikalie auch Ewigkeitschemikalie genannt. Über Klärschlämme ist PFAS mittlerweile auch auf den Äckern gelandet und reichert sich in Organismen an. Dadurch steigen das Krebsrisiko und die Gefahr von Leberschäden an. Die staatlichen Regelungen sind vollkommen unzureichend. Auch wenn manche PFAS mittlerweile verboten sind, haben sich die Hersteller etwas einfallen lassen. Sie haben die verbotenen Stoffe durch andere und ähnliche, bisher noch nicht erforschte, Stoffe ersetzt.

Die gesamtgesellschaftlichen Kosten sind immens

Die „praktischen“ PFAS nehmen immer mehr zu und die gesamtgesellschaftlichen Kosten steigen dementsprechend. Die wissenschaftlichen Studien[1] belegen für das Jahr 2019, dass die gesundheitsbezogenen Gesamtkosten im Zusammenhang mit PFAS für den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) mindestens 52 bis 84 Milliarden Euro betragen. Im EWR (und der Schweiz) belaufen sich die Gesamtkosten für Umweltscreening, Überwachung bei Kontamination, Wasseraufbereitung, Bodensanierung und Gesundheitsbewertung auf 821 Millionen bis 170 Milliarden Euro.

Auch hier klafft wieder eine große Lücke zwischen volkswirtschaftlicher Logik und betriebswirtschaftlicher Betrachtungsweise. Unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Kosten (Volkswirtschaft) liegen die Kilogrammkosten für PFAS bei rund 18.700,00 Euro, während der durchschnittliche Marktpreis (Betriebswirtschaft) von PFAS bei rund 19,00 Euro pro Kilogramm liegt.  

DnHexP

Für DnHexP steht der Weichmacher Di-n-hexyl-Phthalt , der am heutigen Tag (01. Februar 2024) durch die Medien bekannt wurde. Dieser streng reglementierte und teilweise verbotene Weichmacher wurde in Urinproben von nordrhein-westfälischen Kindern im Alter zwischen zwei und sechs Jahren nachgewiesen, so das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW. DnHexP hat schädliche Effekte auf das Fortpflanzungssystem und kann die Fruchtbarkeit schädigen. Das Landesamt teilte mit, dass sich die Konzentration bei hochbelasteten Kindern verzehnfacht habe. Es ist davon auszugehen, dass dieser Weichmacher auch in der Erwachsenenwelt angekommen ist. Die Medien berichteten, dass die Ursache noch vollkommen unklar ist. Ich vermute, dass sich DnHexP ähnlich in den menschlichen Körper einschleicht wie Mikroplastik und PFAS.

Fazit

»Kein Mensch ist eine Insel« (Jan Skudlarek) und wir leben auch nicht auf einer Insel. Wir sind miteinander vernetzt und tragen Verantwortung für alle Menschen. Deshalb muss PFAS schnellstmöglich verboten werden. Solange dies nicht geschieht, müssen sich die Hersteller von beispielsweise Outdoorjacken und Verpackungen an den oben genannten gesamtgesellschaftlichen Kosten beteiligen. Schließlich gilt in Europa das Verursacherprinzip. Dass der Wirtschaftsminister, Robert Habeck, in der Europäischen Union Schwierigkeiten bei der Durchsetzung eines allgemeinen PFAS – Verbots hat, lässt sich vielleicht noch nachvollziehen. Trotzdem müssten seine Befugnisse doch ausreichen, um eine allgemeine Kennzeichnungspflicht für PFAS – Produkte in Deutschland durchzusetzen.  


[1] Vgl. beispielsweise: https://de.wikipedia.org/wiki/Per-_und_polyfluorierte_Alkylverbindungen

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