Axel Bojanowski

17. September 2024

»Klimaaktivisten werden manchmal als gefährliche Radikale dargestellt. Aber die wirklich gefährlichen Radikalen sind die Länder, die die Produktion von fossiler Energie erhöhen. Investitionen in neue Infrastrukturen für fossile Brennstoffe sind moralischer und wirtschaftlicher Wahnsinn.« (António Guterres, UN-Generalsekretär)

Obwohl ich mich auf dieser Homepage sehr viel mit dem Klimawandel beschäftige, habe ich an dieser Stelle noch nie einen Autor zu diesem Thema kritisiert. Nun muss es aber mal sein.

Es geht um das Buch -WAS SIE SCHON IMMER ÜBERS KLIMA WISSEN WOLLTEN, ABER BISHER NICHT ZU FRAGEN WAGTEN- von Axel Bojanowski. Der Titel verspricht viel und hält nichts. Über das Klima erfährt man wenig. Hauptsächlich werden die Streitereien der verschiedenen, vor allem amerikanische, Wissenschaftler und Pseudowissenschaftler, behandelt. Fachlich ein Ärgernis, weil der Autor das Klima und das Wetter einfach gleichsetzt. Wetter hat es in irgendeiner Form schon immer gegeben. Es lässt sich auch, im Gegensatz zur CO2-Konzentration, kaum beeinflussen.

Am Dome C in der Ostantarktis wurde anhand von Eisbohrkernen die CO2-Konzentration erforscht. Das Ergebnis: während der letzten 800.000 Jahre gab es acht Eiszeiten und acht wärmere Perioden. Obwohl es viele Eis- und Kaltzeiten gab, blieb die CO2-Konzentration in der Atmosphäre in den letzten 800.000 Jahren stabil bei 200 bis 300 ppm. Die Menschheit konnte sich somit auf einem lebensfreundlichen Planeten entwickeln, weil das Verhältnis Sauerstoff zu Kohlendioxid ausgewogen war. Seit etwa 12.000 Jahren lebt die Menschheit nun im Holozän, dass nach der letzten Eiszeit begann. Seit über 200 Jahren veränderte sich aber die empfindliche Atmosphäre, weil die CO2-Konzentration über 425 ppm angewachsen ist und stetig und permanent steigt. Dies ist zweifellos auf den Einfluss der Menschen zurückzuführen. Eine hohe CO2-Konzentration in der Atmosphäre verändert nicht nur das Wetter, sondern die komplette Biosphäre wird in Mitleidenschaft gezogen. Die steigenden CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre werden im Buch kaum behandelt. Einzige Ausnahme sind die Ausführungen auf Seite 249/250. Die dargestellten Szenarien sind aber hypothetisch. Fest steht hingegen, dass eine Verdoppelung der atmosphärischen CO2-Konzentration vom vorindustriellen Wert von 280 ppm auf 560 ppm nach gegenwärtigem Stand der Wissenschaft wahrscheinlich zu einer globalen Erwärmung um 3 Â°C führen würde.

Der Autor wird dem Klimawandel in keiner Weise gerecht, weil er die wichtige CO2-Konzentration in der Atmosphäre, die den fragilsten Teil der Natur darstellt, kaum beachtet. Stattdessen fokussiert er sich auf Temperatursteigerungen und Wetterveränderungen. Insofern müsste das Buch –WAS SIE SCHON IMMER ÃœBER DIE WETTERVORHERSAGE WISSEN WOLLTEN, ABER BISHER NICHT ZU FRAGEN WAGTEN- heißen. Neben dem Wetter werden drohende Brände, Dürren und Hochwasserkatastrophen und deren Vorhersagbarkeit angedeutet. So schlimm diese kommenden Katastrophen sind, der Klimawandel ist schlimmer, weil mit der zunehmenden CO2-Konzentration die Natur, und somit auch die Menschheit, in vielen Bereichen grundsätzlich bedroht ist. Artensterben, Gefährdung der Biodiversität, Versauerung der Ozeane und der Süßwasserseen und sehr viele Kipppunkte werden durch den Klimawandel hervorgerufen. Darauf geht der Autor aber nicht ein. Es wird kein einziger Kipppunkt detailliert beschrieben. Stattdessen werden unterschiedliche Positionen von mehr oder weniger vertrauenswürdigen Personen dargestellt und man gewinnt fälschlicherweise den Eindruck, dass Kipppunkte noch nicht ausreichend untersucht worden sind. Dies scheint auch das Ziel des Buches zu sein und es gipfelt in der Aussage: »Die Klimadebatte ist von Extremisten gekapert worden« (S. 279). Ähnliche Aussagen kenne ich nur von Donald Trump.

Der Autor ist sicherlich kein Klimaleugner, er vermittelt trotzdem den Eindruck, dass der Klimawandel noch weiter untersucht werden muss, und deshalb können auch zielführende Handlungen unterbleiben. Die Zusammenhänge zwischen Atmosphäre und Biosphäre werden nicht dargestellt. Insofern scheint es auch an dieser Stelle keinen Handlungsbedarf zu geben. Stattdessen beschäftigt er sich mit dem Wetter.

Dies ist möglicherweise verzeihlich, weil in der Klimadebatte häufig Wetter und Klima nicht säuberlich voneinander getrennt werden. Axel Bojanowski beschreibt an vielen Stellen das sogenannte 2 Grad bzw. 1,5 Grad Ziel. Solche Formulierungen sind fehlerhaft und möglicherweise steckt auch eine Absicht dahinter. Eine Erwärmung um 2 Grad ist nicht das Ziel, sondern die maximale Obergrenze der weltweiten Durchschnittstemperaturen. Solche kleineren Fehler mögen ebenfalls verzeihlich sein. Unverzeihlich sind aber die vielen Falschaussagen und der platte und populistische Stil. Beispielsweise haben mich die Lügen über den amerikanischen Ex-Politiker Al Gore und seinem Vater, Albert Gore, sehr schockiert. Das gleiche gilt auch für die fehlerhaften Ausführungen auf Seite 83 ff. zum Friedensnobelpreis (Al Gore) im Jahr 2007. Die Zusammenhänge werden ohne große Not verdreht und in eine bestimmte Richtung gelenkt. So kennt man es von der Bildzeitung.

Finger weg von diesem Buch, es sei denn, man interessiert sich für vergossene Milch. Axel Bojanowski berichtet sehr langatmig und über sehr viele Seiten darüber, wie Wissenschaftler in den 1980er, 1990er und 2000er Jahren darüber nachdachten, ob der Klimawandel anthropogen sei und wie er zu beurteilen ist. Wie gesagt – vergossene Milch. Heute wissen wir, dass der Klimawandel anthropogen ist und das gehandelt werden muss.

Weitere Artikel