Wir leben in einer »Bankräubergesellschaft«. Wir »stellen mit eigener Kraft Schweißgeräte her, brechen damit einen Naturtresor nach dem anderen auf, nehmen dessen Schätze und Energie heraus, um nebenbei neue Schweißgeräte zu machen, mit denen weitere Naturtresore geplündert werden.« (Hans-Peter Dürr, Warum es ums Ganze geht. Neues Denken für eine Welt im Umbruch, München, 2009, S. 149.)
Man kann auf dieser Homepage viele Themenbereiche aus Politik und Wirtschaft finden. Einen Bereich habe ich aber komplett ausgespart – die Außen- und Sicherheitspolitik. Persönlich bin ich zwar sehr interessiert, möchte mich aber nicht in diese sensiblen Themen einmischen. Gerade diplomatische, geheimdienstliche und militärische Belange müssen nicht unbedingt in der breiten Öffentlichkeit diskutiert werden. Natürlich müssen Skandale und Fehlbarkeiten der Politik journalistisch aufgearbeitet werden. Fraglich ist, ob die Bevölkerung zu den Zeiten einer Fußballweltmeisterschaft zwangsläufig aus 82 Millionen Bundestrainern bestehen muss, oder ob in Zeiten einer Corona-Pandemie 82 Millionen Hobby-Virologen benötigt werden, oder, wie gegenwärtig, 82 Millionen Militärexperten ihren Senf zum Krieg in der Ukraine dazugeben müssen. Der selbsternannte Militärfachmann von den Grünen, Anton Hofreiter, die Waffenlobbyistin Marie Agnes Strack-Zimmermann von der FDP und der Militärprofessor Carlo Masala dominieren die Diskussion. Da ist mir persönlich ein besonnener Olaf Scholz lieber, der auch nicht ansatzweise eine Kriegsökonomie etablieren möchte und somit eine direkte Kriegsbeteiligung kaum möglich ist .
Der Verteidigungsausschuss tagt hinter verschlossenen Türen und es werden Sachverhalte mit hoher Brisanz behandelt, die nicht unbedingt für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Ob Norbert Röttgen (CDU), im Gegensatz zu Olaf Scholz, weiß, dass die 38 Mitglieder des Verteidigungsausschusses zum Stillschweigen verpflichtet sind oder ob Frau Strack-Zimmermann, als Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Einfluss auf die Anzahl der Teilnehmenden des Ausschusses hat? Wer weiß denn schon, wer in zwei Jahren in der Ukraine die Wahl gewinnt. Ist es vollkommen abwegig, dass in zwei Jahren ein Regierungswechsel in der Ukraine stattfindet und das eine hilflose Ukraine vielleicht Taurus-Marschflugkörper gegen Moskau einsetzt.
Andere internationale Konflikte, beispielsweise der Kampf gegen die Huthi im Jemenkrieg, scheinen nur zu interessieren, wenn westliche Fragestellungen berührt werden. Obwohl dieser Konflikt seit Jahren tobt, beachtet der Westen erst dann diesen Krieg, wenn die Lieferketten unterbrochen werden. Das gleiche Schicksal erleidet der Äthiopienkrieg. Es sind unfassbare 400.000 Opfer zu beklagen, der Krieg findet aber keinerlei Erwähnung in unseren Medien. So, genug gesagt zur Außen- und Sicherheitspolitik und hin zu meinem eigentlichen Thema.
Überlebt der Planet ein Wettrüsten?
Jacqueline Andres von der Tübinger Informationsstelle Militarisierung ist der Meinung, dass das Militär eine der klimaschädlichsten Einrichtungen der Menschheit ist. Die Bundeswehr betreibt Greenwashing wenn sie behauptet, dass Truppenübungsplätze dem Erhalt der Biodiversität dienen, so Frau Andres. Panzer machen den Boden platt und es wächst lange Zeit nichts mehr. Außerdem verhindert schweres militärisches Gerät die Einhaltung der Pariser Klimaziele. Wie das?
Ungestört wachsende Böden, wie beispielsweise Wald- und Wiesenflächen, können Humus bilden, weil Pilze, Bodentiere, Pflanzen, Pilze und weitere Mikroorganismen eingelagert werden. In solch einem intakten Humusboden kann sehr viel CO2 gespeichert werden. Dies gilt auch für den Ackerboden, wenn man ihn nicht mehrmals im Jahr pflügen würde. Außerdem ist dafür zu sorgen, dass ständig eine Pflanzendecke vorhanden ist. „Würden wir nur auf allen landwirtschaftlich genutzten Böden diese Erde in jedem Jahr auch nur vier Promille mehr Humus wachsen lassen, dann wäre der gesamte jährliche Kohlenstoff-Ausstoß der Menschheit im Boden gespeichert. Auf der Klimakonferenz in Paris, bei der sich die Staaten endlich auf ein Klimaabkommen einigen konnten, hat Gastgeber Frankreich genau das vorgeschlagen: eine weltweite 4-Promille-Initiative.“[1] Deutschland hat sich ebenfalls für das 2 Grad Ziel und die 4-Pomille-Initiative, die das Ziel des weltweiten Humuswachstums benennt, ausgesprochen. Somit ist jedes Moor, das in Deutschland entwässert oder beschädigt wird, ein Verbrechen gegen das Klima.
Das scharfe Munition zu Feuern führen kann, wurde durch den wochenlangen Moorbrand im Emsland im Jahr 2018 deutlich. Durch die Luft-Boden-Übungen der Bundeswehr im waldbrandgefährdeten Moor kam es zu einem Feuer, dass kaum gelöscht werden konnte. Dies war nicht nur eine Katastrophe für das Moor und den Humusboden, sondern auch für das Klima. Die CO2-Speicherkapaziäten dieses Moores wurden mit einem Schlag vernichtet. Eine Bundestagsanfrage der Linkspartei ergab, dass dies kein Einzelfall war.
Zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts
Jacqueline Andres von der Tübinger Informationsstelle Militarisierung weist auf die Studie „Climate Crossfire“ hin. Hier geht es um das Ziel der Nato, die Rüstungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts anzuheben. Dieses Ziel wird den Klimawandel erheblich verschärfen, denn dieses Geld fehlt dann beim Klimaschutz. Ob der Planet ein Wettrüsten in diesem Ausmaß aushält, ist fraglich. Im Gegensatz zu den deutschen Ministerien ist die Rüstungsindustrie nicht verpflichtet, ihre Emissionen zu dokumentieren. Deshalb fehlen verlässliche Zahlen. Die Rüstungsproduktion [2] und die Rüstungsnutzung wird aber einige Millionen Tonnen CO2 pro Jahr verursachen. Zwar kann kaum beziffert werden, wieviel Tonnen CO2 die Rüstungsproduktion erzeugt, aber die Zahlen der Rüstungsnutzung liegen auf den Tisch. Panzer, wie beispielsweise der Leopard 2, benötigen 500 Liter Treibstoff auf 100 Kilometer. Die Kampfjets haben einen wesentlich höheren CO2-Fußabdruck. Während der Eurofighter bei 3,5 Tonnen Treibstoff pro Flugstunde benötigen, ist der Verbrauch bei den F-35 Kampfjets circa 8,5 Tonnen Treibstoff pro Stunde. Dies entspricht einer CO2-Emission einer Flugstunde mit einem F-35 Kampfjet von über 20 Tonnen. Auf den CO2-Ausstoss von Kriegsschiffen möchte ich an dieser Stelle nicht eingehen.
Panzer, Kriegsschiffe und Kampfjets können nicht elektrisch betrieben werden. Einerseits müssten tonnenschwere Akkus verbaut werden und andererseits ist es auch unmöglich, Ladestationen im Kriegsgebiet zu finden. Dies ist selbst theoretisch nicht möglich. Aber wie gesagt, ich bin kein Militärexperte und habe noch nicht einmal gedient. Ach ja, es gibt aber noch die Geheimwaffe, nein, nicht die V2-Rakete, auch nicht die Wasserstoffbombe, sondern Wasserstoff als Energieträger. Ob Schwerindustrie, Großgeräte, LKW`s, Schiffe oder Flugzeuge – ökologisch hergestellter Wasserstoff geht doch immer, theoretisch.
Es bleibt dabei, dass „Militär ist mit das Umweltschädlichste, was es überhaupt geben kann, […].“[3]  Die Herstellung der Bewaffnung verschlingt sehr viel Energie und führt zu einem exorbitanten CO2-Ausstoss. Das Gleiche gilt für die Nutzung der Waffensysteme. Und wenn dann durch eine kriegerische Handlung alles in Schutt und Asche liegt, wird für den Aufbau wieder viel Energie und Material benötigt. Ob dann der Wiederaufbau ohne Zement [4] aber mit Ökostrom und Lastenfahrrädern gelingt, bleibt abzuwarten. Â
[1] Florian Schwinn, Raubbau an der Erde: Unser Krieg gegen den Boden, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, Berlin, 10´19, 2019, S.102.
[2] In der Autoproduktion sind die Zahlen bekannt. Interessanterweise hat Frankreich den staatlichen Zuschuss in Höhe von 7.000,00 Euro nur für Elektroautos vergeben, wenn die Produktion weniger als 14,75 Tonnen CO2 emittiert. Daraufhin haben sechs, in China hergestellten, E-Autos die Förderung nicht bekommen. Der Dacia Spring, das Tesla Modell 3 und vier MG-Modelle waren somit nicht mehr subventionswürdig. An dieser Stelle ist bemerkenswert, wie viel CO2 nur durch die Produktion von (vergleichsweise sehr kleinen) Autos entsteht. Die Emissionen bei der Produktion für militärische Luft-, Wasser- und Geländefahrzeuge werden somit sehr viel höher sein.
[3] Jacqueline Andres, So ein Wettrüsten überlebt der Planet nicht, Interview in: Kontext: Wochenzeitung, 24.02.2024, Seite 2.
[4] Bei der Produktion von Zement entsteht durch eine chemische Reaktion CO2, selbst wenn die Zementfabrik zu 100 Prozent Ökostrom nutzt.