„Akkumuliert, Akkumuliert! Das ist Moses und die Propheten!“ (MEW, Band 23, S.621)
Der österreichisch-britische Ökonom Friedrich von Hayek gründete im Jahr 1947 die Mont Pèlerin Gesellschaft, einen Zusammenschluss von Akademikern, Politikern, Geschäftsleuten und Journalisten. Die Mitglieder dieses privaten Clubs bezeichneten sich als »Neoliberale« und sie sahen die Gesellschaft bedroht durch den schleichenden Vormarsch von Sozialismus und Wohlfahrtsstaat. Diese Gesellschaft verfolgt das Ziel, zukünftige Generationen vom Wirtschaftsliberalismus zu überzeugen. Hayek formulierte schon 1949: Wir müssen die Intellektuellen zu »unserem Glauben bekehren«. Das erste Treffen fand im April 1947 am Mont Pèlerin (bei Vevey am Genfersee in der Schweiz) statt. Neben Friedrich von Hayek nahmen noch unter anderen die Ökonomen Walter Eucken, Milton Friedman und Wilhelm Röpke teil. In der Folgezeit gab es innerhalb der Gesellschaft Auseinandersetzungen zwischen dem deutschen Flügel, der die Soziale Marktwirtschaft propagierte und dem amerikanischen Flügel, der durch die Chicago Boys und Milton Friedmans neoliberaler Theorie geprägt waren. Vertreter, die die Soziale Marktwirtschaft ernst nehmen, sind in der Mont Pèlerin Gesellschaft nicht mehr zu finden, stattdessen hat sich die fundamentalistische und marktradikale neoliberale Ökonomie durchgesetzt. Die Mont Pèlerin Gesellschaft ist weltweit sehr gut vernetzt und verfügt über 451 »free-market organizations« in 95 Ländern, und 93 Denkfabriken stehen in direktem Kontakt zu der Gesellschaft. Etliche Think-Tanks, Stiftungen und Institute propagieren und verbreiten die neoliberale Theorie. Für Deutschland sind folgende Organisationen zu nennen: Friedrich A. von Hayek Gesellschaft, Stiftung Marktwirtschaft, Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft, Walter-Eucken-Institut, Friedrich Naumann Stiftung. Lars P. Feld ist Leiter des neoliberalen Walter-Eucken-Instituts. Wobei der Begriff »Institut« vertrauenserweckend klingt. Er ist aber nicht geschützt, jeder darf diesen Begriff verwenden. Selbstverständlich ist Lars P. Feld auch Mitglied der Mont Pèlerin Gesellschaft und Berater von, wie soll es anders sein, Christian Lindner (FDP, Finanzminister). Friedrich von Hayek war der Auffassung, dass die neoliberale Theorie eine konsequente Weltanschauung sei und am erfolgreichsten durch Journalisten und Lehrer an zukünftige Generationen weitergegeben werden kann. Hayek hätte sich darüber gefreut, dass diese konsequente Weltanschauung, oder sollte man besser Ideologie sagen, auch durch einen deutschen Finanzminister vertreten wird.
Demokratie und Kapitalismus
In den 1950er Jahren vertat die Mont Pèlerin Gesellschaft die Überzeugung, dass die Aufgabe des Staates darin besteht, den Markt und das Eigentum zu schützen. Er sollte weder Unternehmen leiten noch sollte er die Bürger versorgen. Grundsätzlich wurde aber weder die Marktwirtschaft noch die Demokratie in Frage gestellt. Im Gegenteil, Demokratie und Kapitalismus waren damals untrennbar miteinander verbunden.
Heute glauben die »Nachfahren« der Neoliberalen, die Anarchokapitalisten daran, dass ein Staat, und erst recht ein demokratischer Staat, überflüssig ist. Die Theoretiker des Neoliberalismus und des Anarchokapitalismus vertrauen der Demokratie nicht. Regierungen, die durch Mehrheitsentscheidungen zustande kommen, werden als Bedrohung angesehen, weil möglicherweise individuelle Freiheitsrechte beschnitten bzw. wirtschaftsfeindliche Beschlüsse gefasst werden können. Tendenziell neigen Neoliberale dazu, Experten und Eliten stärker zu vertrauen als demokratische Willensbildungsprozessen. Deshalb könne man das Gemeinwesen so führen wie eine Unternehmung. Dann wird die gewählte Regierung durch ein von Eliten zu bestimmendes Management ersetzt und der Geschäftsführer nimmt die Aufgaben des Regierungschefs wahr. Die Verfassung sollte durch Verträge ersetzt werden und die Bürger bekommen die Rolle des Konsumenten zugewiesen. Dies ist ganz im Sinne von Milton Friedman der im Jahr 1976 an der Universität in Kapstadt erklärte, dass die Demokratie überbewertet ist. Er vertrat in seiner Rede die Auffassung, dass eine Abstimmung mit Dollar-Noten vorteilhafter sei als eine Wahl mit Stimmzetteln.
Anarchokapitalisten führen das Land Dubai als Lehrbeispiel für einen Kapitalismus ohne Demokratie an. In Dubai gibt es weder freie Wahlen noch Meinungsfreiheit. Der Scheich von Dubai wird als »CEO von Dubai, Inc.« bezeichnet. Die reaktionären Marktradikalen träumen von dieser Oase des freien Unternehmertums. Das Ziel sind freie unbürokratische Märkte, die nicht durch Steuerzahlungen, unternehmensfeindliche Gesetze, Gewerkschaften, Politiker und demokratische Abstimmungen behindert werden. Die Aufhebung von Kapitalverkehrskontrollen ermöglichen dann den ungehinderten, vorzugsweise steuerfreien, Geldstrom.
Donald Trump und JD Vance
Ohne die Anarchokapitalisten, die den Staat ablehnen, wäre die politische Aufwärtsbewegung von Trump und Vance in den USA kaum möglich. Trump erhält für seinen Wahlkampf von den Silicon Valley Milliardären Gelder im mehrstelligen Millionenbereich. Auch Elon Musk lässt einige Millionen Dollar für Trump springen. Vance hat seinen politischen Aufstieg insbesondere dem deutschstämmigen Milliardär Peter Thiel (Paypal, facebook, Abcellera) zu verdanken. Die Zehn-Millionen-Spende des rechtsgerichteten Anarchokapitalisten Thiel sicherte Vance seinen Senatssitz in Ohio, den er ohne den Geldsegen wohl kaum gewonnen hätte. Thiel sagte schon im Jahr 2009, dass er nicht glaube, dass »Freiheit und Demokratie vereinbar seien«. Â