Verstaatlicht die Erdgasspeicher

22. März 2022

„Wir sind auf dem Erdboden der Tatsachen gelandet und haben realisiert, dass es kein Zurück in die alte, von grenzenloser Mobilität und Ressourcenraubbau geprägte Normalität geben kann. Stattdessen müssen wir uns neu in jener hauchdünnen Kritischen Zone verorten, die Leben auf dem Planeten Erde ermöglicht.“ (Bruno Latour)

Das ökonomische Mantra der 1990-iger Jahre holt uns immer wieder ein. Inzwischen müsste jeder verstanden haben, dass die Deregulierung, die Privatisierung und die Liberalisierung der Märkte in eine Sackgasse führt. Sowohl die Corona-Krise als auch der Ukraine-Krieg verdeutlichen dies.

Der Gasspeicher Rehden

Es verwundert nicht, dass sich der größte deutsche Gasspeicher in russischer Hand befindet, denn dieser Speicher wird von der Gazprom-Tochter astora betrieben. Dieser Speicher in Rehden kann für zwei Millionen Einfamilienhäuser die benötigte Gasmenge pro Jahr liefern. Leider ist dieser Speicher fast leer. Die deutschen Gasspeicher befinden sich teilweise in den Händen von Gazprom. Viele Speicher wurden auch kurzerhand  privatisiert. Der Speicher in Rehden, der ein Volumen von 3,9 Milliarden Kubikmeter hat, wurde vor dem Winter 2021/2022 nicht ordnungsgemäß gefüllt. War hier Absicht im Spiel? Neben dem Gasspeicher Rehden, der vom Volumen der größte Gasspeicher Westeuropas ist, gibt es noch den Speicher Jemgum, und der liegt zufälligerweise auch in Niedersachsen, im Landkreis Leer. Jemgum, dessen Volumen „nur“ 900 Millionen Kubikmeter beträgt, wurde im Jahr 2013 in Kooperation mit WINGAS und VNG in Betrieb genommen. WINGAS ist eine hundertprozentige Tochter des russischen Staatskonzerns Gazprom. Und wer sitzt da im Aufsichtsrat und lässt sich auskömmlich bezahlen? Natürlich, unser Pensionsempfänger Gerhard Schröder. Ich möchte hier aber nicht den Eindruck erwecken, dass Gerhard Schröder allein für diese Misere verantwortlich ist. Zur Wahrheit gehört auch, dass der Gasspeicher in Rehden sich auf natürliche Art und Weise anbot. Die Firma Wintershall, eine Tochter des BASF-Konzerns, förderte bis zum Jahr 1993 in Rehden Erdgas. Als die Quellen erschöpft waren, wurden die unterirdischen Poren als Gasspeicher genutzt, um importiertes Erdgas zu speichern. Im Jahr 2013 vereinbarte Wintershall dann ein milliardenschweres Tauschgeschäft mit Gazprom. Anschließend  annektierte Putin im Jahre 2014 die Krim und das Tauschgeschäft lag auf Eis. Mit dem Minsker-Abkommen wurde das Geschäft im Jahr 2015 dann doch vollzogen und Gazprom hat leider Einfluss auf die deutschen Sicherheitsreserven bekommen. Neben Rehden wurden auch der Erdgasspeicher Jemgum in Leer und ein Anteil des Speichers Haidach im Salzburger Land „übereignet“. Gazprom-Chef Alexej Miller bezeichnete den damaligen Deal als Meilenstein. Fraglich ist, wer der Gewinner des Deals ist.

Der Branchenverband INES identifiziert in Deutschland 47 Untertagespeicher, die maximal 255 Terrawattstunden Gas speichern können. Der größte Speicher in Rehden, der dem russischen Staatskonzern Gazprom gehört, wurde am 04.Oktober 2021 das letzte Mal befüllt. Gegenwärtig beträgt der Füllstand 3 Prozent. Es liegt der Verdacht nahe, dass Gazprom bewusst die Füllstände niedrig gehalten hat, um seine energiepolitische Macht zu demonstrieren und die Gasversorgungskrise zu befeuern. Möglicherweise wurde durch die mangelhafte Befüllung des Speichers der Ukraine-Krieg schon vorbereitet.

Gibt es nützliche Idioten?

Warum wurde auf eine strategische Reserve beim Erdgas verzichtet? Hat möglicherweise Gerhard Schröder etwas damit zu tun? Glücklicherweise hat der Wirtschaftsminister Robert Habeck diesen Missstand erkannt. Er macht sich nun für eine nationale Gasreserve stark. Recht so, aber trotzdem zu kurz gedacht, weil die Deregulierung und Privatisierung aufgebrochen werden muss. Die letzten beiden Jahre haben doch sehr deutlich gezeigt, dass sich der deutsche Staat in vielen Bereichen von der Daseinsvorsorge verabschiedet hat. Eine anzustrebende Gemeinwohlökonomie liegt somit in weiter Ferne. Ob Gazprom will oder nicht, eine Enteignung der deutschen Erdgasspeicher gehört in die Diskussion, weil knapp 25 Prozent der deutschen Speicherkapazität Gazprom gehört. Wenn es um nationale Interessen geht, muss Deutschland das Heft des Handels in die Hand nehmen. Das geht nur mit verstaatlichten Erdgasspeicher. Und an dieser Stelle wird die Meinung und die Hilfe des Altbundeskanzlers Schröder mit Sicherheit nicht benötigt. Dies gilt auch für einige Industrievertreter und Politiker. Vor allem die Personen, die die letzten 20 Jahre immer wieder beteuert haben, dass die Abhängigkeit von Russland kein Problem sei, sollten jetzt mal »den Mund halten«.

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