Armut, Reichtum und Klimawandel

12. Mai 2019

Um es vorwegzunehmen: Sowohl marktbasierte Klimaschutzmodelle als auch der CO2 – Zertifikatehandel werden das Klimaproblem nicht lösen. Aus den bisherigen Erfahrungen wissen wir, dass der Markt das Klima nicht schützen kann. Umso erfreulicher ist es, dass neuerdings über eine CO2 – Steuer diskutiert wird. Dies ist ein vernünftiger Ansatzpunkt; es ist aber wichtig, die steuerrechtlichen Stellschrauben richtig anzusetzen. Es wäre illusorisch eine neue und eigenständige Steuerart begründen zu wollen, sondern die Steuer muss sich aus dem bestehenden Steuersystem generieren lassen. Dies lässt sich nur bewerkstelligen, wenn man den Klimawandel mit der Umverteilung des Reichtums in eine Beziehung setzt. Grundsätzlicher Ausgangspunkt dieser Überlegung muss es sein, dass individueller Reichtum begrenzt werden muss zugunsten des gesellschaftlichen Reichtums, der sich aus einer klimaschonenden Gemeinschaft ergibt. Also müssen wir mit Steuern steuern.

Steuern stellen keine Gegenleistung für eine besondere Leistung einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft dar, sie müssen sich aber zwingend an dem Leistungsfähigkeitsprinzip orientieren, das besagt, dass alle natürlichen Personen entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ein prozentual gleiches Opfer bringen müssen, wobei sich die Leistungsfähigkeit am Einkommen orientiert. Das bedeutet natürlich nicht zwangsläufig, dass Besserverdienende auch mehr leisten. Häufig steht das Gehalt der volkswirtschaftlichen Leistungsträger in keinem Verhältnis zu der erbrachten Arbeitsleistung. Grundsätzlich gilt aber, je mehr Einkommen bezogen wird, desto höher ist die Steuerbelastung.

Prinzipiell gibt es zwei unterschiedliche Tatbestände an die man die Steuererhebung knüpfen kann: Einmal die Einkommensentstehung (z.B. Einkommensteuer, Körperschaftsteuer) und zum zweiten die Einkommensverwendung (z.B. Umsatzsteuer, Kfz-Steuer, Mineralölsteuer). Zweifelsfrei muss man bei einer CO2 – Steuer bei der Einkommensverwendung ansetzen. Das bedeutet, dass der CO2 fördernde Konsum, über die Steuer, verteuert werden muss. Hohe Energieverbräuche, PS-starke Autos, Fleischkonsum und sonstiger CO2 verschlingender Konsum muss wesentlich stärker besteuert werden.

So weit so gut, hier sind sich die meisten Parteien einig. Jetzt kommt aber Carsten Linnemann (CDU) mit seinem bekannten Gelbwesten – Argument. Schließlich habe die Erhöhung der Mineralölsteuer erst zu dieser Situation in Frankreich geführt. An dieser Stelle wird auch ein Robert Habeck kleinlaut. Er will seine gut situierte grüne Klientel nicht verärgern. Warum wird nicht ausgesprochen, was nun steuerrechtlich zwangsläufig erfolgen muss?

Belastet die Reichen 

Wenn durch eine CO2 -Steuer die Einkommensverwendung belastet wird, muss nun notwendigerweise bei der Einkommensentstehung eine Steuererhöhung stattfinden. Die ärmere Bevölkerung ist im Einkommensteuertarif  deutlich zu entlasten, während die reicheren Schichten sehr stark belastet werden muss. Anders ist das Problem nicht zu lösen.

Es kann nicht sein, dass eine Person die den Mindestlohn erhält, auf dem Lande wohnt und mit seinem PKW zur Arbeit fahren muss, in irgendeiner Form steuerlich belastet wird. Auch darf eine Rentnerin die in Berlin in einer, nicht ausreichend gedämmten, Altbauwohnung wohnt mit Steuerbelastungen leben muss, während der reiche Immobilieneigentümer in seiner gut gedämmten Villa noch Steuervergünstigungen bekommt. Es kann aber sehr wohl sein, dass dieser Reiche sich am Allgemeinwohl wesentlich stärker beteiligt – Eigentum verpflichtet. Außerdem ist es erwiesen, dass Reiche einen wesentlich größeren ökologischen Fußabdruck haben als beispielsweise die U-Bahn fahrende Rentnerin in Berlin.

Damit die CO2 – Besteuerung nicht nur Symbolpolitik bleibt, müssen nicht nur die Einkommensbezieher betrachtet werden, sondern die Vermögensseite muss ebenfalls etwas dazu beitragen. Folgende Vorgehensweise wäre praktikabel: Zunächst muss die Vermögensteuer wieder erhoben werden und zwar als Bundessteuer. Verlässliche Statistiken über den tatsächlichen Reichtum in der Bundesrepublik Deutschland sind kaum zu bekommen, deshalb muss man sich auf Schätzungen verlassen. Die Reichen haben natürlich ein Interesse daran, solche Statistiken zu verhindern, um Verteilungs- und Gerechtigkeitsdiskussionen nicht führen zu müssen. Die bundesweite Einführung der Vermögensteuer könnte diesen Mangel heilen. Selbst wenn man sich auf den geringsten Steuersatz von null Prozent einigen, bzw. den Steuersatz so bemessen würde, dass die Verwaltungskosten gedeckt werden, hätte man trotzdem noch einen Vorteil, nämlich eine halbwegs verlässliche Statistik über den Reichtum in Deutschland.

In einem zweiten Schritt müsste der Einkommensteuertarif so korrigiert werden, dass die unteren Einkommensschichten entlastet werden und die reicheren Einkommensbezieher wesentlich stärker zur Kasse gebeten werden. Danach kann dann die CO2 – Steuer in das bestehende deutsche Steuersystem implementiert werden. Das Steueraufkommen würde sich kaum verändern, die Lenkungswirkung einer progressiv steigenden CO2 – Steuer könnte sich dann voll entfalten. Dies würde auch dem Gerechtigkeits- und Leistungsfähigkeitspostulat des Steuerrechts entgegenkommen, weil mit wachsendem Einkommen bekanntlich auch der CO2 – Fußabdruck größer wird.

(Anmerkung: Dieser Artikel wurde auch im Internetteil der Wochenzeitung: der Freitag (Titel: Kohle stinkt) veröffentlicht.)

Nachtrag

Im Gegensatz zu sämtlichen Katastrophen die die Menschheit je miterlebt hat, wird sich die Klimakatastrophe vollkommen anders darstellen. Bei allen anderen Katastrophen war es irgendwann vorbei und die Menschheit konnte sich neu formieren. Dies ist beim Klimawandel nicht möglich, da das veränderte Klima, mit allen Konsequenzen, bleiben wird. Es stellt sich die Frage, ob die Anpassungen an diese veränderte Natur überhaupt machbar sind. Da die Zeit drängt, benötigen wir vernünftige Vorschläge, um die Klimakatastrophe zu verhindern. Meiner Meinung nach sollte man nur das Steuerrecht reformieren. Kompliziert wird es, wenn man, wegen eines hohen Gerechtigkeitsanspruchs, diesen Sachverhalt auch noch zusätzlich marktbasiert lösen will. Natürlich gibt es neben den steuerrechtlichen Lösungsmöglichkeiten noch den Markt für CO2 – Zertifikate, der aber leider in der Vergangenheit nicht befriedigend funktionierte.

2. Nachtrag

Aus aktuellem Anlass noch schnell eine Anmerkung zur Austeritätspolitik bzw. zum Klimawandel: Die kürzlich stattgefundene Frühjahrstagung von IWF und Weltbank hat dazu geführt, dass die Finanzminister von immerhin 22 Ländern eine sogenannte „Klimakoalition“ gründeten. Ob solche Allianzen erfolgsversprechend sind, bleibt abzuwarten.  Amerika nimmt an dieser Koalition nicht teil und alles deutet darauf hin, dass hier wieder nur Symbolpolitik betrieben wird.

Selbstverständlich wurden auch, neben dem Klimawandel, die finanzpolitischen Themen diskutiert. Interessant ist an dieser Stelle, dass der Gebrauch von fossilen Brennstoffen weltweit mit über – man mag es kaum aussprechen bzw. schreiben- fünf Billionen Dollar pro Jahr subventioniert wird.  Die Hauptverursacher des Klimawandels kassieren Subventionen um den Klimawandel zu beschleunigen – ein Skandal ohnegleichen. Es ist wirklich schon verwunderlich – statt Subventionen zu zahlen sollte sich die Weltgemeinschaft darauf einigen, eine CO2 – Steuer (z.B. eine Kerosinsteuer) einzuführen. Diese wahnsinnig hohen Subventionen sind überhaupt nicht zu rechtfertigen und untermauern die Notwendigkeit, eine progressiv steigende CO2 – Steuer einzuführen.

Links zum Einkommensteuertarif: 1. Der Einkommensteuertarif (Warum der BdSt nicht rechnen kann)

2. Der Einkommensteuertarif (Die Fortsetzung) 

3. Der Einkommensteuertarif (Die Reichensteuer)

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