Das Klima, die Flüchtlinge und die Klimaflüchtlinge (1.)

28. Juli 2018

Klima

Der Klimawandel wird von großen Teilen der Bevölkerung überhaupt nicht ernst genommen, weil der CO2-Austoss eine saubere Emission ist. Schmutzige Emissionen, wie Wasserverschmutzungen oder stinkendes Schwefeldioxid in der Luft, werden sofort wahrgenommen und als unangenehm charakterisiert. Die entscheidende Verbindung zwischen dem Menschen und seiner Umwelt sind die menschlichen Sinne. Um zu erfahren, wie die Welt beziehungsweise die Umwelt um uns herum beschaffen ist, benötigen wir unsere menschlichen Sinne (Riechen, Sehen, Hören, Schmecken und Tasten). Um die CO2–Problematik erfassen zu können, reichen unsere Sinne aber nicht aus. Wir glauben häufig nur das, was wir auch sinnlich wahrnehmen können. Deshalb wird der Klimawandel von einigen Politikvertretern (vornehmlich in den USA) geleugnet. CO2 kann man weder riechen, sehen, hören, schmecken noch tasten. Der CO2–Ausstoß (circa 65 Millionen Tonnen pro Tag) ist eine sogenannte „saubere Emission“, wird kaum wahrgenommen und spielt im Leben der Menschen eigentlich keine Rolle. Außerdem sind die Natur und das Klima träge Systeme, die spät reagieren. Deshalb werden die Auswirkungen des Klimawandels wahrscheinlich erst in der Zukunft sichtbar, dann ist eine Umkehr aber nicht mehr möglich. Im Gegensatz zu anderen Katastrophen ist es nicht irgendwann vorbei und das Leben formiert sich neu. Die Kehrseite des trägen Klimawandels ist, dass das veränderte Klima mit allen Konsequenzen bleiben wird. Im Klimawandel sind Ursache und Wirkung nicht identisch, das hat zur Folge, dass keine Identität zwischen dem Verursacher und dem Träger der Konsequenzen besteht. Das führt zu dem Paradoxon, dass die Verursacher vermutlich den geringsten Schaden zu schultern haben, während die Opfer, die es nicht verursacht haben, mit den großen Schäden leben müssen. Beispielsweise sitzt der Verursacher an einem ganz anderen Ort der Erde als der Träger der Konsequenzen. Daraus erklärt sich ebenfalls die gefühlte Verantwortungslosigkeit vieler Menschen.

Die Sondierungsgespräche zwischen der CDU/CSU und der SPD (GroKo) ergaben, dass die Klimaziele für das Jahr 2020 aufgegeben wurden. Die Sondierer rückten mit einem einfachen Handstreich von den Zielen ab. Im Sondierungspapier zur GroKo wurde festgehalten, dass „die Handlungslücke zur Erreichung des Klimaziels 2020 so schnell wie möglich zu schließen“ sei. Diese Formulierung bedeutet faktisch eine Abkehr vom Klimaziel. Bislang war es das Ziel, die CO2-Emission bis zum Jahr 2020 um 40 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 zu reduzieren. Dieser Sachverhalt scheint belanglos zu sein, er wurde medial kaum wahrgenommen.

Der Begriff „Klimakatastrophe“ ist semantisch nicht korrekt, da das Klima natürlich kein Subjekt ist und deshalb keine Katastrophen erleben kann. (Dies gilt auch für den Begriff „Naturkatastrophe“.) Weitläufig wird der Begriff „Klimawandel“ benutzt. Der Begriff ist semantisch zutreffender aber auch eine Verniedlichung dessen, was da auf uns zurollt. Wenn ein Mensch krank wird, sprechen wir von einer Krankheit und keineswegs vom Gesundheitswandel. Die Krankheit der Erde wird aber Klimawandel genannt. Der Ausdruck suggeriert, dass das Klimaproblem technisch beherrschbar ist. Auch wird im Zusammenhang mit dem Klimawandel häufig das Wetter angeführt. Das Wetter beschreibt aber nur die kurzfristigen aktuellen Zustände der Atmosphäre. Auch wenn es noch viele offene Fragen gibt, eine belastbare These der Klimaexperten ist verifiziert: Je höher die Wassertemperatur der Ozeane, je höher der Meeresspiegel, desto heftiger die Intensität der Winde und Niederschläge eines Hurrikans, desto gewaltiger seine Zerstörungskraft. Der Klimawandel kann natürlich keine Stürme produzieren, aber durch den Klimawandel werden die Auswirkungen der Stürme erheblich verstärkt. Dieser Wetterwandel ist jetzt schon bei uns angekommen und wird zukünftig erhebliche Schäden und volkswirtschaftliche Kosten nach sich ziehen. Die Kosten von extremen Wetterereignissen betrugen im Jahre 1960 weltweit „nur“ 9 Milliarden Dollar. Die amerikanische Regierung beziffert die Schäden des Hurrikans Katrina, der 2005 für eine verheerende Katastrophe gesorgt hat, auf 200 Milliarden Dollar. In den letzten drei Jahrzehnten sind die ökonomischen Schäden des Klimawandels um den Faktor 15 gestiegen. Die Versicherungsgesellschaft Münchner Rück erwartet eine weitere Vervielfachung der Kosten. Versicherungen sind bei steigender Eintrittswahrscheinlichkeit von sogenannten Naturkatastrophen immer weniger bereit, mögliche Schäden zu versichern.[1] Die Allgemeinheit wird dann diese Kosten zu tragen haben. Hierbei geht es aber nur darum, die ökonomischen Schäden der extremen Wetterereignisse zu reparieren. Eine Reparatur stellt den alten Zustand wieder her. Sie hat nichts mit den weiteren Konsequenzen eines Klimawandels, die kaum zu quantifizieren und zu prognostizieren sind, zu tun. Die ökologischen Folgen des Klimawandels lassen sich nicht reparieren, sie werden bleiben. Außerdem erkennt man den point of no return erst, wenn es zu spät ist.

Anmerkung: Wer weitere Informationen zum Klimawandel benötigt, findet sie in meinem Buch: Die Vergötterung der Märkte.

[1] Vgl.  http://www.claudiakemfert.de/wp-content/uploads/2016/03/IP_Kemfert.pdf, aufgerufen am 15.12.2017

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