Feinstaub, CO2 und Co.

27. April 2019

Die öffentliche Diskussion wird dominiert von den schädlichen Stickoxiden. Die Skandale häufen sich und die Autoindustrie fühlt sich nach wie vor nicht als Verursacher. Ich erspare mir an dieser Stelle weitere Ausführungen, weil ich schon sehr viele Artikel zu diesem Thema geschrieben habe. (never ending story, Die Mobilitätsindustrie ruiniert das Klima, Regierung verabschiedet sich vom Dieselskandal und Dieselgate und kein Ende)  Ohne Zweifel, NO2 ist toxisch und demzufolge gesundheitsgefährdend.

PM 2,5

Die Diskussionen über die Stickoxide haben die CO2 – Problematik verdrängt und auch der Feinstaub taucht im öffentlichen Diskurs nur selten auf. Feinstaub, abgekürzt mit PM 2,5, lässt sich nur unter dem Mikroskop erkennen. PM steht für particle matter (Partikelgröße). Die 2,5 besagt, dass die Partikel kleiner als 2,5 Mikrometer sind. Diese feinen Partikel können von den Schleimhäuten im Nasen- bzw. Rachenraum nicht zurückgehalten werden, während größere Partikel keine direkte Belastung der Atemwege darstellen. Nach den aktuellen Berichten aus dem „European Heart Journal“ können gerade diese sehr kleinen Partikel die Gesundheit stark schädigen.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht in ihrer Studie „Global Burden of Disease“ aus dem Jahre 2015 davon aus, dass eine Feinstaubkonzentration von mehr als zehn Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gesundheitsbedrohend ist. Nach Aussagen der WHO verkürzt solch eine Feinstaubkonzentration die durchschnittliche Lebenserwartung um circa ein Jahr. Der Kardiologe Thomas Münzel von der Universitätsklinik Mainz und der Atmosphärenforscher Jos Lelieveld vom Mainzer Max-Planck-Institut für Chemie gehen davon aus, dass die Folgen weitaus schlimmer sind als bisher angenommen.

Thomas Münzel führte am 13. März 2019 in der Zeitschrift „Wirtschaftswoche“ aus: „Wir haben mit den gleichen Daten wie die Kollegen in „Global Burden of Diesease“ gearbeitet, aber mit deutlich mehr Kohortenstudien, unter anderem in China. Dadurch haben wir eine wesentlich bessere Datenbasis. Wir zeigen, dass auch bei höherer Feinstaub-Belastung gilt: Je höher die Feinstaubkonzentration in der Atemluft, desto wahrscheinlicher eine Herz-Kreislauf-Erkrankung.“

Gesundheitsschädigungen durch Feinstaub

Feinstaub geht in die Lunge. Größere Teilchen (über 2,5 Mikrometer) lösen Entzündungen im Körper aus, kleine Teilchen geraten in die Blutbahn und verursachen Gefäßverkalkungen und Entzündungen. Spätere Herzerkrankungen sind also vorprogrammiert. Vor allem Asthmatiker reagieren sehr sensibel auf Feinstaub, weil er tief in die Lunge eindringt. Mediziner haben den Nachweis erbracht, dass Feinstaub auch für Krebserkrankungen verantwortlich ist.

Der WHO-Jahresmittelwert beträgt 10 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft. In den USA liegt der Grenzwert bei 12 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Der EU-Grenzwert beläuft sich aber auf 35 Mikrogramm. Dieses geltende Recht verstößt eindeutig gegen die Richtlinien der WHO. Die EU beabsichtigt, diesen Grenzwert auf 20 Mikrogramm bis zum Jahr 2025 zu reduzieren. Ein richtiger Schritt – aber warum erst im Jahre 2025 und warum nur 20 Mikrogramm? Die Diskussionen über diesen Grenzwert sind vorprogrammiert und die Meinung der Autolobby dürfte hinlänglich bekannt sein. Im öffentlichen Diskurs wird es dann wieder heißen: Diesel vs. Benziner – und natürlich sind wieder beide altertümlichen Antriebsarten für die Misere verantwortlich.

Die Rettung – E-Mobilität

Aber das E-Auto wird die Probleme mit einem Handstreich beseitigen. E-Mobilität stößt zwar keinen Feinstaub aus, aber das CO2 – Problem wird uns erhalten bleiben.  Selbst die unverdächtigen E-Biker emittieren eine große Menge Kohlenstoffdioxid.  Die Firma VW hat es kürzlich vorgerechnet: ein aktueller VW Golf mit Dieselmotor kommt auf einen CO2 – Ausstoß von 140 Gramm je Kilometer[1]. Beim E-Golf seien es, vom EU-Strommix ausgehend, 119 Gramm je Kilometer. Wenn der deutsche Strommix zugrundgelegt wird, kommt man aber auf 142 Gramm – und damit ist der E-Golf mit dem Diesel vergleichbar. Der neoliberale Ökonom Hans-Werner Sinn hat mit Christoph Buchal  ebenfalls eine Studie zu diesem Thema herausgegeben. Demnach belastet ein E-Auto das Klima um 11 bis 28 Prozent mehr als ein Diesel. Zukünftig wird vermutlich darüber diskutiert, ob VW oder Hans-Werner Sinn recht hat.

Das darf doch alles nicht wahr sein. Was sind das für Diskussionen? Dass der öffentliche Nah- und Fernverkehr die Lösung ist, habe ich in vielen Blogbeiträgen dargestellt. Der Individualverkehr muss radikal beschnitten und die Pferdestärken müssen extrem begrenzt werden. Noch Ende der 1990 er Jahre wurde ein Auto im Durchschnitt mit 95 PS ausgestattet. Im Jahre 2017 waren es 140 PS und heute sind es 155 PS, Tendenz steigend.[2]

Die Regierung hat versprochen, die Klimaziele für das Jahr 2030 einzuhalten. Von heute auf morgen werden wir die PS und CO2 – Boliden nicht verbieten können. Alle heute neu zugelassenen Kraftfahrzeuge haben eine Betriebserlaubnis und werden mindestens die nächsten 10 Jahre Feinstaub, CO2 und Co. in die Luft blasen. Wir können aber für die zukünftig produzierten Fahrzeuge klare Begrenzungen vornehmen. Dies muss zügig passieren. Die Autofahrer müssen sich von dem Gedanken verabschieden, dass alles (bloß elektrisch) so weiterlaufen kann. Wir benötigen neue Verkehrskonzepte. Wenn die Bundesregierung an dieser Stelle sich ähnlich verhält wie beim Kohleausstieg, steht zu befürchten, dass Deutschland die Klimaziele für 2030 ebenfalls nicht einhalten kann.

[1] Mein 4 Jahre alter VW-Golf (Blue Motion!!) hat mir die Firma VW mit der Angabe verkauft, dass der CO2 – Ausstoß knapp 100 Gramm pro Kilometer beträgt.  Das hier gelogen und betrogen wurde ist eine Sache. Eine andere ist aber, dass wir mit diesen hohen Emissionen die Klimakatastrophe nicht aufhalten können.

[2] Die Leipziger Internet Zeitung hat mein Buch rezensiert. Titel der Buchbesprechung: Die Vergötterung der Märkte oder mit 100 PS in die Klimakatastrophe. Ein Autohändler hat mir verraten, dass ein 100 PS – Auto heute als untermotorisiert gilt.

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