„Das ganze Unglück der Menschen rührt allein daher, das sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen.“
Blaise Pascal (1623-1662), Mathematiker, Physiker und Philosoph
Bald ist ein Jubiläum fällig – vor fast 30 Jahren hat die UN die Klimarahmenkonvention beschlossen. Also ein Grund zum Feiern, wohl eher nicht, denn die CO2-Konzentrationen nehmen weltweit zu.
Die globale Erwärmung
Ich integriere seit den 1990 er-Jahren den Klimawandel, den man zur damaligen Zeit noch globale Erwärmung nannte, in meinen volkswirtschaftlichen Unterricht. Anfang der 1990 er-Jahren formulierte eine Schülerin sinngemäß folgende Frage: Stimmt es, dass es in Deutschland bald so warm sein wird wie auf Mallorca? An meine Antwort kann ich mich nicht mehr erinnern; sie war aber sicherlich genauso naiv wie die Frage der Schülerin. Der Unterricht zu diesem Thema entwickelte sich aber weiter, nicht zuletzt deshalb, weil zunehmend zur globalen Erwärmung publiziert wurde.
Im Jahre 1992 veröffentlichte der ehemalige Vizepräsident der USA, Al Gore das Buch Wege zum Gleichgewicht – Ein Marshallplan für die Erde und später dokumentierte er mit seinem Film „Eine unbequeme Wahrheit“ den Klimawandel. Nun war es möglich, den Unterricht zum Klimawandel mit medialer Unterstützung zu gestalten und man erfuhr von Al Gore, dass es Städte gibt, die nur deshalb gegründet wurden, weil sie oberhalb der Moskito-Grenze lagen, beispielsweise die Stadt Nairobi (Hauptstadt Kenias, Höhe 1.661 m).
Neben Moskitos gibt es eine Menge besorgniserregender Überträger von Infektionskrankheiten, die mit zunehmendem Klimawandel ebenfalls ihre Reichweiten ausdehnen (Ratten, Fledermäuse usw.). Daraus ergeben sich schon seit über 20 Jahren neue Infektionskrankheiten (Ebola, Arena Virus, Hantavirus, SARS, Vogelgrippe, West Nile Virus usw.) Selbst resistente Formen der Tuberkulose traten auf. Wie Al Gore schon vor über 20 Jahren in seinen Vorträgen feststellte, tauchen immer wieder Krankheiten auf, die wir eigentlich unter Kontrolle hatten. Das sind aber keine Neuigkeiten, das sind die Folgen des Klimawandels.
Das anthropogene Artensterben bringt sämtliche biologischen Kreisläufe durcheinander und es entstehen Über- und Unterpopulationen. Über Jahrtausende hat der Mensch die Artenvielfalt gefördert, seit über 50 Jahren werden alle geologischen Prozesse vom Homo faber[1] überlagert. Weil der Mensch mittlerweile selbst eine geologische Kraft darstellt, wird die Biologie der Erde verändert. Die Natur wurde zu einer gigantischen Maschine umfunktioniert, die sich dem Wachstumsimperativ der Wirtschaft unterordnen musste und die gewaltige Naturausbeutung zerstörte die Gleichgewichte.
Wir stehen am Anfang der Krise
Bemerkenswert ist, dass China angeblich das Corona-Virus überwunden hat und jetzt wieder den Wachstumskurs einschlägt, um den permanenten Kapitalumschlag, verbunden mit einer ständigen Naturausbeute, zu gewährleisten. Wenn ich mir die mediale Berichterstattung so anschaue, steht zu befürchten, dass auch Deutschland aus dieser Krise wenig lernen wird, denn das Corona-Virus wird kaum mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht. Da ich kein Klima- und Virenforscher bin, kann ich natürlich nicht belegen, ob es einen Zusammenhang zwischen Klimawandel und Corona-Virus gibt. Ich halte es aber für bedenkenswert, wenn sehr viele Wissenschaftler, u.a. auch ein amerikanischer (!) Ex-Vizepräsident schon vor über 20 Jahren einen Zusammenhang zwischen Klimawandel und der Ausbreitung von Viren hergestellt haben.
Außerdem betrachtet sich die wachstumsorientierte Wirtschaft nicht als Täter oder als Verursacher der globalen Erwärmung, sondern als Opfer, dass nun dringend von der Allgemeinheit Hilfe beansprucht, um dann, wie bisher, weiter machen zu können. Es ist ja richtig, um die Corona-Krise zu bewältigen benötigen viele Unternehmen Hilfe. Aber ein „weiter so“ darf es nicht geben. Die Temperaturen der letzten Jahre und das nun zu bewältigende Corona-Virus könnten die Vorboten der drohenden Klimakatastrophe sein. Also – nutzen wir die Chance und ändern tiefgreifend den Verwertungsimperativ unserer Wirtschaftsweise, denn nachhaltige Ökonomie muss „sich innerhalb der ökologischen Leitplanken des Planeten“ (Maja Göpel) bewegen.
Noch eine persönliche Anmerkung
Die Initialzündung für mein politisches Bewusstsein war das Buch „Die Grenzen des Wachstums“ von Dennis Meadows. Als ich dieses Buch im Jahre 1973 mehrfach gelesen habe, hat mich der Wachstumsgedanke immer wieder beschäftigt. Im Unterrichtsfach Volkswirtschaftslehre versuche ich seit über 30 Jahren Wirtschaftsgleichgewichte darzustellen, indem Ökonomie und Ökologie miteinander versöhnt werden. Diese Gleichgewichte können aber nicht erreicht werden, wenn das Wirtschaftswachstum im Mittelpunkt der Ökonomie steht und Märkte vergöttert werden. Im Übrigen wurde bereits im Jahre 1994 ein Zusammenhang zwischen Klimawandel und Ausbreitung der Viren hergestellt. Der Wissenschaftler Dr. Beckmann schrieb in einem Artikel (Essener Unikate, 1994):
„Alle Lebewesen, Flora und Fauna, aber auch Mikrolebewesen wie Bakterien, Pilze und Viren mußten sich im Prozeß der Evolution durch Mutation und Selektion in vielen, jeweils kleinen Schritten an die sich verändernde Atmosphäre anpassen.“ […..] Das Artensterben „ist, wie wir meinen, in einem evolutionsbiologischen Mechanismus zu suchen, den wir Evolutionsunsymmetrie nennen:
- Die Atmosphärenzusammensetzung ändert sich.
- Mikrolebewesen, zum Beispiel Bakterien oder Viren, passen sich, wegen ihres raschen Generationswechsels (Größenordnung Stunden), schneller an die neue Situation an als große Lebewesen mit Generationswechselzeiten in der Größenordnung von Jahren.
- Hieraus entsteht ein Anpassungsvorteil für die Mikrolebewesen.
- Je rascher sich die Atmosphärenzusammensetzung ändert, desto wahrscheinlicher wird auch das Entstehen neuer Arten unter den Mikrolebewesen.
- Hieraus folgt – rein statistisch – eine Zunahme von Inkompatibilitäten bei sich evolutiv langsamer anpassenden Arten in Form von Krankheiten und Seuchen.
Aus der enormen Veränderungsrate des atmosphärischen CO2, die wir gegenwärtig (im Jahre 1994!, Anmerkung Köpke) beobachten, und angesichts der Perspektive, daß die Rate noch steigen wird, ist mit dem vermehrten Auftreten neuer Krankheiten und Seuchen, mit Variationen in bestehenden Krankheitsbildern und mit dem vermehrten Aussterben von Arten zu rechnen. […..] Eine kaum überschaubare Vielzahl neuer oder veränderter Krankheitserreger wird in der medizinischen und biologischen Literatur beschrieben [….] Obwohl Wissenschaftler in der ganzen Welt diese – gewissermaßen von außen sichtbaren – Phänomene bereits sorgfältig verfolgen, muß eine wesentliche Ursache im Hintergrund, die prinzipielle Wirkung des Kohlendioxidgehaltes der Luft auf Zell- und insbesondere Enzymfunktionen, jedoch noch genauer als bisher untersucht werden.“
Wer den vollständigen Text von 1994 lesen möchte, öffne folgenden Link:
[1] Der Begriff wurde von Hannah Arendt geprägt. Die philosophische Anthropologie verwendet den Begriff Homo faber (lat. „der schaffende Mensch“). Er grenzt den modernen Menschen, der die Umwelt aktiv verändert, von den Menschen älterer Epochen ab.