Das Klima und die Evolution

24. März 2023

 »Mit jedem Fortschritt wird die Schwierigkeit der Aufgabe größer.« (Max Planck)

 Am 20.03.2023 gab es wieder einmal den Bericht des Weltklimarates (IPCC) der wieder einmal ermahnte: »Das Tempo und der Umfang der bisherigen Klimaschutzmaßnahmen sind unzureichend, um den Klimawandel zu bekämpfen.«

Wieder einmal stand der Anstieg der Temperatur im Vordergrund der Betrachtung und die CO2-Konzentration wurde kaum erwähnt. Dabei sind die Triebkräfte der Evolution unter anderem in der veränderten Relation – Sauerstoff zu Kohlendioxid – zu suchen. Sowohl Kohlendioxid als auch Sauerstoff sind weder giftig noch sind sie mutationsfördernd, lösen aber offenbar einen Selektionsdruck aus. Für den Energie- und Baustoffwechsel aller Lebewesen ist der atmosphärische CO2-Gehalt entscheidend. Die Änderungen der CO2-Konzentration löst bei Mikroorganismen, aber auch bei Pflanzen, Menschen und Tieren, vielfältige Wirkungen und unkalkulierbare Risiken aus. Viren, die für einen Generationswechsel nur Minuten und Stunden benötigen, werden sich dem CO2-Anstieg am schnellsten anpassen können, weil sich die Änderungen ihrer Erbanlagen (Mutationen) demzufolge sehr schnell vollzieht. Dies ist eindeutig ein Wettbewerbsvorteil in evolutionären Krisenzeiten. Menschen, Tiere und Pflanzen vermehren sich gegenüber Viren recht träge.

Die fragile Atmosphäre

 Viele Menschen meinen, wenn wir die Atmosphäre vom CO2 befreien, wird alles gut. Auch dies ist ein Trugschluss und wird der Fragilität der Atmosphäre nicht gerecht. Wissenschaftler gehen davon aus, dass eine – praktisch nicht mögliche- zunehmende, komplette Erdbegrünung und Kohlenstofffossilierung ebenfalls zu gravierenden Problemen führen würden. Eine Atmosphäre, die vollständig von CO2 befreit wäre, würde die Erde in einen Eisblock verwandeln. Also – zu wenig CO2 und zu viel Sauerstoff ist ebenfalls problematisch für unser Leben. Hier wird die Zerbrechlichkeit der Atmosphäre besonders deutlich.

Das Klima ist über einen unvorstellbar langen Zeitraum stabil geblieben ist. Auch wenn die Erde während der letzten 740.000 Jahre acht Eiszeiten und acht wärmere Perioden, mit erheblichen Temperaturschwankungen, erlebt hat,  blieb die CO2-Konzentration in der Atmosphäre stabil unter 300 ppm. Unstrittig ist, dass die CO2 -Konzentration im Jahre 1860, also zu Beginn der Industrialisierung, circa 293 ppm (parts per million; in einer Million Liter Luftgemisch befinden sich 293 Liter CO2) betrug. Das Leben konnte nur gedeihen, weil in den letzten 740.000 Jahren die CO2-Konzentration immer zwischen 200 und 300 ppm lag. Die gegenwärtige, und stetig steigende, CO2-Konzentration von durchschnittlich 420 ppm könnte für die Menschheit problematisch werden.

Sowohl CO2 als auch O2 verteilen sich rasch in der Atmosphäre und in der Troposphäre[1]. CO2 ist ein ubiquitäres Gas und es gibt keine nennenswerten regionalen und zeitlichen Konzentrationsunterschiede.[2] Der gesamte Lebensraum der Erde wird also lückenlos von diesen Gasen erfasst und wirkt sich auf die gesamte Biosphäre aus. Deshalb ist es vollkommen gleichgültig an welcher Stelle der Welt die CO2-Konzentrationen zunehmen – und die Konzentrationen nehmen nach wie vor zu. Wenn Deutschland einen Rückgang meldet, werden in anderen Teilen der Welt die Konzentrationen zunehmen. Somit bringen Schuldzuweisungen wenig, außer – die Profilneurosen der Politiker zu stärken. Wenn VW in China ein neues Werk baut und seine Autos dort verkauft, nehmen die Konzentrationen in China zu und in Deutschland ab.  Mit solchen kurzatmigen und häufig national beschränkten Maßnahmen werden aber keine Gegenwirkungen erzeugt. Gerade in Deutschland werden die einzelnen Ministerien der Bundesregierung hinsichtlich ihres CO2-Eintrages untersucht. Solch eine Kohlenstoff-Milchmädchenrechnung kostet Geld, führt ins Leere und der geneigte Bürger kann herausfinden, welche Ressorts den Zielen hinterherhinken. Noch weniger zielführend ist es, die Erde in Ökosysteme und Regionen einzuteilen, um dann den gebundenen Kohlenstoff den einzelnen Sektoren zuzurechnen. Mit solchen zweifelhaften Berechnungen wird der Wert der Ökosysteme und der einzelnen Lebensräume systematisch unterschätzt. Am Beispiel der Aufforstung des Waldes habe ich in einigen Blogs auf dieser Homepage dargestellt, dass die Emissionen zwar bilanziell gesenkt werden aber nicht in der Realität. Die einzelnen Teile der Natur können nicht isoliert verstanden werden, es sind immer ausgedehnte Beziehungsgeflechte. Die Natur ist ein komplexes System, wobei das Ganze größer ist als die Gesamtheit seiner Teile.

Das falsche Narrativ

Der Klimawandel lässt sich nicht so ohne weiteres willkürlich stoppen. Selbst wenn die Emissionen sinken, steigt der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre weiter an. Dies liegt an der sehr langen Verweildauer des Gases in der Atmosphäre. CO2 bleibt ungefähr einhundert Jahre in der Luft. Das bedeutet, dass es die nächsten einhundert Jahre bergab gehen wird. Ob sich danach die Atmosphäre erholt, hängt von den Maßnahmen ab, die wir heute, für die zukünftigen Generationen, ergreifen.  Die CO2-Konzentration kann nur stabilisiert werden, wenn ein vollständiger und dauerhafter Stopp der Emissionen durchgeführt wird. Wenn ab heute auf den CO2-Ausstoß verzichtet würde, könnte dann frühestens in einhundert Jahren eine Verringerung stattfinden. Deshalb muss das Narrativ von der sogenannten Klimaneutralität beerdigt werden. Strenggenommen muss die Klimaneutralität dahin gehend interpretiert werden, dass es keine Prozesse und Tätigkeiten mehr gibt, die das Klima beeinflussen können. Der Begriff CO2-Neutralität besagt also in einem engen Sinn, dass kein CO2 emittiert wird oder die CO2-Emissionen vollständig kompensiert werden. Ein in diesem Sinn CO2-neutraler Handlungszusammenhang sollte die Konzentration des Treibhausgases CO2 in der Atmosphäre nicht erhöhen. Dies ist aber kaum möglich, denn eine CO2-Neutralität oder eine konstante CO2-Konzentration ist noch kein Garant für Treibhaus- bzw. Klimaneutralität. Die CO2-Konzentration kann sich also trotzdem erhöhen, wenn sich Albedoänderungen negativ auf das Klima auswirken.

Fazit

Deshalb ist es „absolut notwendig, über die Klimaneutralität hinauszugehen und die beiden Ziele, Emissionsreduktionen und Negativemissionen, klar voneinander zu trennen und nicht das eine auf das andere anzurechnen. Denn obwohl bei den Bekenntnissen zur Klimaneutralität auch die Reduktion von Emissionen eine Rolle spielt, ist bereits absehbar, dass sich Staaten und Unternehmen mit den Schlupflöchern Kompensation, Abscheidung und Negativ-Emissionstechnologie von der Notwendigkeit der CO2-Einsparung freikaufen werden.“[3] Insofern ist die angestrebte Klimaneutralität nichts anderes als Greenwashing mit dem Ziel, die eigentlichen Probleme nicht lösen zu wollen und über die Verringerung des Ressourcen- und Energieverbrauchs nicht nachdenken zu müssen.

[1] Im Bereich der oberen Troposphäre bis zur Stratosphäre befinden sich dynamisch verlagernde Starkwindbänder, die Jetstream genannt werden. Hier findet die Wetteraktivität statt, die in der unterhalb nahtlos angrenzender Tropopause endet. Die Tropopause liegt breitenabhängig in 6 bis 18 km Höhe und ist die maßgebliche Grenzfläche der Erdatmosphäre. Sie trennt die vom Wetter geprägte Troposphäre von der Stratosphäre. Die stabil geschichtete und auffallend trockene Stratosphäre liegt über der Troposphäre, hier finden keine nennenswerten Wetteraktivitäten statt.

[2] Vgl. Günter Beckmann, Burkhard Klopries, Die Antwort der Evolution, in: Essener Unikate, 4/5, 1994, S.33

[3] Guido Speckmann, Die Chimäre der Klimaneutralität, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, 3`21, Berlin, 2021, S. 105

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